Liebe in Zeiten des Krieges
Lone Scherfigs Film „Ihre beste Stunde“kommt ins Kino
Eine Liebeskomödie in schwerer Zeit – das ist „Ihre beste Stunde“, der Abschlussfilm des Filmfests München, der jetzt am Donnerstag in die Kinos kommt.
Kleine Geschichts- und Sprachlektion vorab: Am 18. Juni 1940 hält der britische Premierminister Winston Churchill im Unterhaus eine berühmte Rede. Draußen tobt der Krieg, die Briten haben gerade ihre Truppen bei Dünkirchen retten können und leiden nun unter den deutschen Bombenangriffen. Die Rede enthält den Satz, der zum Zitat werden soll: „Lasst uns darum unsere Pflicht tun, und lasst sie uns so tun, dass sogar nach tausend Jahren, wenn es dann noch ein britisches Reich und sein Commonwealth gibt, die Menschen sagen werden: Das war ihre beste Stunde.“Im Original heißt es: „Their finest hour“– ein wenig geht durch die Übersetzung mit „beste“verloren, denn „finest“enthält hier auch eine Anmutung von „edel“oder auch „vornehm“.
„Their finest“heißt der Film im Original, und er spielt just zu dem Zeitpunkt, als Churchill zum Durchhalten aufgerufen hat. Die junge Catrin Cole kommt im Informationsministerium an, um an Filmdrehbüchern mitzuarbeiten – London hat erkannt, dass Filme motivieren können, aber auch eine weibliche Note haben sollten. Dafür sollt die junge Waliserin sorgen, die mit diesem Job ihren Freund, einen brotlosen Künstler, mit über Wasser halten will. Sie gehört zum Team um den brillanten, aber zynischen Tom Buckley. Er sieht in ihren Beiträgen „Schmalz“– und erkennt doch, dass auch sie hochbegabt ist.
Und sie macht prompt Eindruck, als sie eine Geschichte anschleppt, die sich zur Verfilmung eignet: Zwei junge Frauen haben versucht, auf eigene Faust mit einem Fischerboot Soldaten aus Dünkirchen zu retten. Zwar ist es – der altersschwache Motor hat ausgesetzt – beim Versuch geblieben, aber wofür sind Drehbuchautoren da? Catrin und Tom geben der Geschichte „Spin“, reichern sie da an, lassen dort etwas weg, injizieren ihr Emotion und Dramatik. Bald beginnen die Dreharbeiten, während das Skript noch in Arbeit ist. Und bald steht Catrin zwischen zwei Männern.
Dunkle Momente inklusive
Die dänische Regisseurin Lone Scherfig („Zwei an einem Tag“) hat die Geschichte verfilmt, die auf einem Roman basiert, der seinerseits wahre Ereignisse verdichtet. Die Figur der Catrin Cole beruht lose auf der echten Autorin Diana Morgan, die für das legendäre Ealing-Studio tätig war. Lone Scherfigs Film kommt zunächst als romantische Komödie daher, doch Vorsicht: Der Krieg und der Tod bleiben immer präsent und sorgen auch für tragische und dunkle Momente. Der Film folgt den Londonern in die U-Bahn-Schächte, wenn die deutschen Bomben fallen, er zeigt die ausgelaugten Soldaten, die der Hölle von Dünkirchen entronnen sind. Die Kamera fährt durch zerstörte Straßenzüge, in denen Tote liegen.
Die Hauptrolle spielt Gemma Arterton, die sich längst von ihrem Image als Bond-Girl („Ein Quantum Trost“) gelöst hat; an ihrer Seite Sam Claflin („Love, Rosie“, „Ein ganzes halbes Jahr“); dazu kommen einige sorgfältig gestaltete und besetzte Nebenfiguren, die vor allem für den speziell britischen Humor sorgen. Allen voran Bill Nighy als alternder Schauspieler Ambrose Hilliard, dessen letzte Erfolge lange zurück liegen und der es noch einmal wissen will. Ihm gehört der schöne Einzeiler, der Schauspieler so charakterisiert: „Was Sie sehen, ist kontrollierte Wut, abgemildert durch eiskalte Distanz.“
Ganz nebenbei ist „Ihre beste Stunde“auch ein Film über Filme, ein Blick hinter die Kulissen und in die Drehbuchwerkstatt. Man erkennt die Tricks und will doch gerne darauf hereinfallen. Dabei wird gleichzeitig deutlich, dass ein solcher Durchhaltefilm, wie er hier unter gewaltigem Druck und in extremen Umständen entsteht, durchaus kein Meisterwerk ist. Aber immer stehen Menschen dahinter, die ihr Bestes geben. „Ihre beste Stunde“, Großbritannien 2016, Regie: Lone Scherfig, 118 Minuten, ab zwölf Jahren. Mit Gemma Arterton, Sam Claflin, Bill Nighy.
ANZEIGEN