Kompromiss auf 13 Polizeipräsidien – ohne Tuttlingen
CDU und Grüne einigen sich auf 13 Polizeipräsidien im Land – Start der Reform 2020
(kab) - Kompromiss in Sachen Polizeistruktur: Die grünschwarze Koalition hat sich verständigt, dass es in Baden-Württemberg künftig 13 Polizeipräsidien geben wird – eines mehr als bisher und eines weniger, als zunächst von der CDU-Fraktion vorgeschlagen. Das erklärten die Fraktionschefs Andreas Schwarz (Grüne) und Wolfgang Reinhart (CDU) am Dienstag in der Landeshauptstadt. Die Entscheidung geht zulasten Tuttlingens, das sein Präsidium verlieren wird. Konstanz bleibt hingegen als Standort erhalten. Neue Präsidien entstehen in Ravensburg und Pforzheim. Umgesetzt werden soll das Modell ab dem 1. Januar 2020.
- Die grün-schwarze Landesregierung hat sich auf Korrekturen der Polizeireform von 2014 geeinigt. Aus den bislang zwölf sollen 13 Polizeipräsidien werden. Oberschwaben bekommt ein eigenes Präsidium in Ravensburg, das für die Kreise Ravensburg, Sigmaringen und den Bodenseekreis zuständig sein wird. Das Präsidium in Tuttlingen wird aufgegeben, soll aber auf andere Art kompensiert werden – wie genau, ist noch offen. Die Landkreise Rottweil, Schwarzwald-Baar und Tuttlingen werden dem Polizeipräsidium Konstanz zugeschlagen. Ein neues Präsidium für den Nordschwarzwald entsteht in Pforzheim. Bis die Änderungen angegangen werden, dauert es allerdings noch zweieinhalb Jahre.
CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart spricht am Dienstagnachmittag von einer „Zangengeburt“, nach der nun aber alle wohlauf seien. Eigentlich wollten die beiden Regierungsfraktionen bereits vergangenen Dienstag ihren Fahrplan für Korrekturen an der Polizeireform vorstellen. Doch die CDU-Fraktion bockte. Der Hauptgrund: Justizminister Guido Wolf (CDU) kämpfte für den Erhalt des Polizeipräsidiums in seinem Wahlkreis Tuttlingen und plädierte dafür, Konstanz mit seiner Randlage stattdessen aufzugeben. In der Fraktion hatte er nicht wenige Unterstützer.
CDU hält sich eine Option offen
Im März hat die von Innenminister Thomas Strobl (CDU) eingesetzte Expertengruppe zur Evaluation der Polizeireform ihr Gutachten vorgelegt. Unterschiedliche Modelle werden darin beleuchtet – von einem Modell mit weiterhin zwölf Präsidien bis hin zu einem 15er-Modell. Alle Modelle einte, dass Oberschwaben ein eigenes Präsidium bekommen und Tuttlingen aufgegeben werden soll. Die Empfehlung der Experten war ein 14er-Modell mit einem neuen Präsidium für den Nordschwarzwald, das nun auch in Pforzheim kommen wird, und einem für die Kreise Esslingen und RemsMurr. Letzteres ist aus CDU-Sicht auch noch nicht ganz vom Tisch. Reinhart betonte, seine Fraktion plädiere für ein „Modell 13 plus“, das sich offenhalte, das 14. Präsidium noch irgendwann zu schaffen. Wann das sein soll, blieb offen.
Der Streit um die Standorte Konstanz und Tuttlingen war bis zuletzt heftig geführt worden. Beide Gruppen hatten laute Fürsprecher – Lokalpolitiker beider Regierungsparteien, Landräte, Bürgermeister, Regionalverbände und Bundestagsabgeordnete mischten sich ins Gezerre um den Standort ein. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) steuerte am Montag den Kompromissvorschlag bei, auf den sich die Fraktionen nun geeinigt haben.
Die Grünen hatten sich bereits vergangene Woche für weiterhin zwölf Präsidien ausgesprochen. „Die Kosten waren für uns ausschlaggebend“, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz am Dienstagnachmittag als Grund gegen das von den Experten empfohlene 14er-Modell. Das hätte laut Berechnungen 143,7 Millionen einmalig und zusätzliche 19,1 Millionen Euro jährlich gekostet. Das nun abgesegnete 13erModell soll einmalig 72 Millionen und jährlich rund 10,5 Millionen Euro kosten.
1500 weitere Stellen
Wichtig sei beiden Fraktionen, mehr Polizisten auf die Straße zu bekommen, denn „mit der Organisationsreform gibt es die nicht“, sagte der CDU-Innenexperte Thomas Blenke. Grünen-Fraktionschef Schwarz kündigte an: „Unsere Fraktion möchte diskutieren, wie wir die Zahlen für die Ausbildung bei der Polizei erhöhen können.“Grün-Schwarz hatte sich bereits geeinigt, 1500 weitere Stellen zu schaffen. Ob und wann diese kommen, hänge laut CDUFraktionschef Reinhart auch von den derzeit laufenden Haushaltsverhandlungen ab.
Dass die Neuerungen bei den Präsidien erst 2020 angegangen werden, begründete der grüne Innenexperte Hans-Ulrich Sckerl damit, dass ein weiteres Präsidium auch zusätzliche Polizisten benötige. „Wir haben aktuell eine große Anspannung bei der Polizei“, so Sckerl. Das Verhältnis zwischen fertig ausgebildeten Polizisten und solchen, die in Pension gehen, lasse erst 2020 wieder Spielraum für die Umsetzung.
Warten auf Vorschläge
Das Präsidium in Tuttlingen soll auch weiter genutzt werden, sagte Reinhart. „Es geht um eine faire Ausgleichskompensation.“Der Ball liegt nun beim Innenministerium, Vorschläge zu entwickeln. Das Votum für dieses Gesamtpaket sei in der CDU-Fraktion einstimmig ausgefallen. Dass auch er dafür gestimmt hat, erklärt Guido Wolf so: „Nachdem die Grünen jede weitere Verhandlung für den Fall, dass die CDU für Tuttlingen votiert, abgelehnt hatten, war klar, es muss eine Gesamtlösung kommen. Jetzt warten wir gespannt, welcher Ausgleich für den Standort Tuttlingen infrage kommt.“
Kommenden Dienstag soll nun die Landesregierung die Eckpfeiler für die Änderungen einrammen.