Verschobene Welturaufführung
Bolschoi-Chef in Moskau verteidigt Absetzung von „Nurejew“-Ballett
(AFP) - Das Moskauer Bolschoi Theater hat seine Entscheidung verteidigt, das mit Spannung erwartete neue Ballettstück „Nurejew“wenige Tage vor seiner Welturaufführung abzusetzen. Bei den Proben habe sich herausgestellt, dass das Stück noch nicht aufführungsreif sei, daraufhin hätten sein künstlerischer Leiter Machar Wasijew und er sich zu diesem Schritt entschlossen, sagte Bolschoi-Generaldirektor Wladimir Urin. Premiere sei nun am 4. Mai 2018.
Das Ballettstück über den sowjetischen Startänzer Rudolf Nurejew, der 1961 in den Westen floh und 1993 an Aids starb, war mit großer Spannung erwartet worden, zumal es von Kirill Serebrennikow stammte, einem der innovativsten und renommiertesten Film- und Theaterregisseure Russlands. Am gestrigen Dienstag sollte Premiere sein, doch drei Tage vorher verschob das Bolschoi-Theater sie auf unbestimmte Zeit.
Gerüchte, wonach er auf Anweisung der Regierung gehandelt habe oder selbst über das Stück schockiert gewesen sei, wies Urin zurück. Es sei allein eine „künstlerische Entscheidung“gewesen.
Einer der „Nurejew“Tänzer, der ungenannt bleiben wollte, zeigte sich jedoch skeptisch. Zwar habe es während der Proben Probleme gegeben, doch sei dies normal, sagte er. Niemand glaube deshalb daran, dass „Nurejew“eines Tages tatsächlich auf die Bühne kommen werde.
Eine regierungsnahe Quelle sagte dem unabhängigen Sender Rain TV, in dem Ballett sei es um „Freiheit für Schwule“gegangen, und dies habe wie eine „Provokation“gewirkt. In Russland ist Homosexualität weitgehend ein Tabuthema: Homoehen sind verboten, der Ruf nach rechtlicher Gleichstellung Homosexueller wird abgelehnt.
Kreml-Kritiker Serebrennikow hatte wegen seiner gewagten Stücke schon in der Vergangenheit Ärger mit den Behörden. Vor Kurzem wurden sein Moskauer Theater und seine Wohnung wegen des Vorwurfs der Unterschlagung öffentlicher Gelder durchsucht.