Blitzgescheit
Die rührende Geschichte eines Rechengenies: „Begabt – Die Gleichung eines Lebens“
Ein hochbegabtes Kind, ein Onkel, der diesem ein normales Leben ermöglichen will, ein Sorgerechtsstreit der entfremdeten Familie – „Begabt“hat alle Zutaten eines soliden TV-Melodramas. Dass es darüber hinauswächst, ist der angenehm zurückhaltenden Inszenierung und den überwiegend sehr sympathischen Darstellern zu verdanken.
Frank Adler (Chris Evans) arbeitete einst als Philosophieprofessor, doch nach dem tragischen Tod seiner Schwester hat er sein Leben ganz der Sorge um deren Tochter Mary (Mckenna Grace) verschrieben. Gemeinsam leben sie in einfachen Verhältnissen in Florida. Ein Philosophieprofessor, der Boote repariert? Das klingt nach einem klassischen Kinokonstrukt, aber Evans gelingt es tatsächlich, dass man ihm die Rolle abnimmt. Im Kontrast zu seiner sonst eher spröden „Captain America“-Rolle versprüht der Amerikaner hier einen humorvollen Charme und liefert sich mit seiner Nichte den Film über geistreiche Wortgefechte.
Dabei ist nicht garantiert, dass der Erwachsene nicht gelegentlich den Kürzeren zieht, denn Marys Mutter war ein außerordentliches Mathetalent und auch die Tochter zeigt klare Anzeichen von Hochbegabung. Bislang hat Frank sie zu Hause unterrichtet. Da sie aber keine gleichaltrigen Freunde hat, schickt er sie schließlich doch auf eine normale Schule. Nachbarin Roberta (Octavia Spencer in ihrer bewährten fürsorglichen Rolle) warnt ihn – und behält recht: Mary ist gelangweilt, wird frech und verprügelt mal eben einen Schüler. Als die Direktorin sie auf eine spezielle Schule für Hochbegabte schicken will, stellt sich Frank quer. Das ruft seine dominante Mutter Evelyn (Lindsey Duncan) auf den Plan: Die hat nicht nur das heimatliche England verlassen, sondern auch ihre Karriereaussichten aufgegeben, um sich um die Familie zu kümmern. Nachdem die Tochter am Leben gescheitert ist, setzt sie nun alle Hoffnungen auf die Enkelin, die der Familie wissenschaftlichen Ruhm einbringen soll.
Es entspinnt sich das erwartbare Sorgerechtsdrama vor Gericht. Weniger erwartbar ist allerdings, wie Regisseur Marc Webb („(500) Days Of Summer“) dieses inszeniert. Denn trotz aller Differenzen gehen Mutter und Sohn außerhalb des Gerichtssaals halbwegs respektvoll oder zumindest zivilisiert miteinander um. Letztlich steht und fällt solch ein Film aber mit der Kinderrolle, und hier ist Mckenna Grace eine absolute Entdeckung. Überzeugend wechselt sie zwischen altklug und altersgemäß kindlich. Dadurch wird aus einem durchschnittlichen ein sehenswerter Film, der gleichermaßen auf die Tränendrüse drückt wie mit aufblitzendem Humor überzeugt.