Türkei zieht Terrorliste zurück
Keine Ermittlungen gegen deutsche Firmen – Auftakt im Prozess gegen türkische Journalisten
(dpa/epd) - Nach heftiger Kritik aus Deutschland hat die Türkei eine umstrittene Liste mit knapp 700 terrorverdächtigen deutschen Unternehmen wieder zurückgezogen. Der türkische Vize-Ministerpräsident Bekir Bozdag betonte am Montag in Ankara, es habe sich um ein „Kommunikationsproblem“gehandelt.
Bozdag sagte, über Interpol sei eine Liste mit Namen von 140 verdächtigen türkischen Firmen an Länder übermittelt worden, mit denen diese Firmen Handel betrieben. Er erklärte aber nicht, wie seine Aussagen mit der Liste mit deutschen Firmen zusammenpassen, die laut der Bundesregierung im Mai an Deutschland übermittelt worden war.
Diese Liste terrorverdächtigter Unternehmen hatte für erhebliche Unruhe in der deutschen Wirtschaft gesorgt. Nach Darstellung der Bundesregierung hatte die Türkei über Interpol eine Liste mit 681 Unternehmen übermittelt, die aufgrund ihrer Geschäftsbeziehungen zu türkischen Firmen aufgefallen seien und gegen die wegen Terrorfinanzierung ermittelt werde. Die Bundesregierung hatte die Vorwürfe als absurd zurückgewiesen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) riet von Investitionen in der Türkei ab, da „völlig unbescholtene Unternehmen“in die Nähe von Terroristen gerückt würden. Daraufhin wurden auch Exportund Investitionsabsicherungen auf den Prüfstand gestellt.
Nun kommt die Kehrtwende aus Ankara: „Die Bitte um Informationen ist am Wochenende zurückgezogen worden“, sagte Vize-Ministerpräsident Bozdag, der bisher Justizminister war. „Es ging definitiv nicht um irgendwelche Untersuchungen gegen deutsche Firmen.“
Den Vorwurf der Terrorunterstützung erheben türkische Behörden auch gegen die regierungskritische Zeitung „Cumhuriyet“. Zum Auftakt des Prozesses gegen 17 Mitarbeiter der Zeitung haben am Montag Politiker und Organisationen den Umgang mit kritischen Journalisten verurteilt. Der Prozess sei „an Absurdität nicht zu überbieten“, sagte Christian Mihr, Deutschlandchef von „Reporter ohne Grenzen“. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa forderte ein sofortiges Ende des Verfahrens und die Freilassung der Inhaftierten.