Skandal reiht sich an Skandal
Zum Artikel „Belgische Behörden wussten seit Juni von Fipronileiern“(7.8.): In Deutschland reiht sich seit vielen Jahren Affäre an Affäre, die Skandale geben sich regelrecht die Klinke in die Hand. Kaum hat der Dieselskandal seinen Höhepunkt überschritten, schon kommt der nächste Skandal: mit Insektiziden belastete Eier. Die „Haltbarkeitsdauer“der Skandale nimmt dabei allerdings kontinuierlich ab.
Die Anzahl der Tiere, die wegen diverser Epidemien in den zurückliegenden 20 Jahren rein vorsorglich gekeult worden sind, dürfte im Millionenbereich liegen. Dabei stellt sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel, denn in vielen Fällen hätte eine Impfung bei den Tieren wahrscheinlich ausgereicht. So wie der gegenseitige Respekt der Menschen untereinander immer häufiger zu wünschen übrig lässt, scheint heutzutage auch der Respekt gegenüber der Schöpfung und den Tieren keinen hohen Stellenwert mehr zu besitzen. Diverse Lebensmittelskandale runden das Geschehen im „skandalträchtigen“Deutschland ab. Es wird leider in keiner Branche jemals gänzlich zu verhindern sein, dass „schwarze Schafe“ihr Unwesen treiben. Daher ist es von besonderer Bedeutung, dass Umweltund Verbraucherschutzverbände aufmerksam sind und derartige Fälle aufdecken. Dieses Kontrollsystem ist funktionsfähig. Aber leider wird dabei oftmals die Mehrheit der Erzeuger von Lebensmitteln, die Wert auf eine tier- und ressourcengerechte Produktion legen, stigmatisiert.
Aber müssen wir Verbraucher uns nicht auch an die eigene Nase fassen? Bei einem Verkaufspreis von zehn Cent pro Ei kann kein Erzeuger wirtschaftlich und artgerecht produzieren. Der Gewinn muss über die Menge bei möglichst geringen Kosten generiert werden. Am Ende zahlen diese Tiere den Preis für unser Einkaufsverhalten. Faire Preise für fair produzierte Produkte stellen in Deutschland leider immer noch die Ausnahme dar. Die Bürger anderer Länder legen mehr Wert auf eine gute Lebensmittelqualität und sind auch bereit, hierfür einen angemessenen Preis zu bezahlen. Alfred Kastner, Hype ist übertrieben Zum selben Thema: Es bedarf wohl keiner Diskussion, Fipronil hat in Lebensmitteln nichts zu suchen. Aber die reale Gefahr für unsere Gesundheit kann man wohl eher als gering bezeichnen. Genauso groß wie bei vielen Substanzen mit vergleichbarem Gefahrenpotenzial, die auf Druck der Lebensmittelindustrie in Grenzen zulässig sind, zum Beispiel Glyphosat. Da hat der Hersteller seinem Desinfektionsmittel aus Gier oder Dummheit einen Stoff zugesetzt, der für den Einsatz in Hühnerställen nicht zulässig ist, und damit sind winzige Spuren dieses Giftes in die Eier gelangt.
Jetzt kommt der Ruf nach mehr Kontrollen, aber gegen Gier und Dummheit gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen, und so schlecht können die vorhandenen Überwachungssyteme nun auch nicht sein, denn sonst hätte man ja nichts gefunden.
Ohne zu verharmlosen, aber der Hype, der in dieser Sache gemacht wird, ist doch wohl mehr als übertrieben. Der Politik mache ich trotzdem einen gewaltigen Vorwurf. Sie ist dafür da, aufzuklären, wie groß das Risiko wirklich ist und wie der Konsument damit umgehen kann. Das darf man keinem Discounter überlassen, der doch alles auf seine Lieferanten abwälzt. Aber unser Landwirtschaftsminister hüllt sich in Schweigen, später kommen mit Sicherheit Sprechblasen, Aktionismus und dann „nichts“. Derweilen werden, unter Umständen völlig sinnlos, Millionen Eier vernichtet. Leute, das sind hochwertige Lebensmittel und dazu werden noch Existenzen der Hühnerhalter gefährdet.
Übrigens, Stickoxide haben in der Luft auch nichts zu suchen, aber auch da die üblichen Aktivitäten unserer Politik: Aktionismus, Dieselgipfel, Sprechblasen und wieder „nichts“. Wilhelm Nagel, Schlier
Weiden
Rülkes Krokodilstränen Zum Interview mit Hans-Ulrich Rülke (28.7.): Es sei ein Treppenwitz, dass die Umweltverwaltung über 225 neue Stellen bekommen soll, findet Rülke im Interview. Er ist lang genug in der Politik und kennt vermutlich auch die echten Zahlen gut genug: Mit der Verwaltungsstrukturreform 2005 (also unter FDP-Beteiligung!) hat in der Naturschutzverwaltung ein permanenter Stellenabbau eingesetzt. Parallel dazu hat sich deren Aufgabenspektrum stark vergrößert.
Der Anteil der Umweltverwaltung an der gesamten Landesverwaltung liegt bei einem Prozent. Glücklicherweise haben wir uns Gesetze gegeben, die verlangen, dass wir heute mit der Natur rücksichtvoller umgehen, denn der Flächenverbrauch ist nach wie vor besorgniserregend und der Rückgang der biologischen Vielfalt alarmierend. Damit trotzdem das von der FDP so befürwortete Wirtschaftswachstum durch Förderung der Industrie stattfinden kann, braucht es auch eine entsprechende Verwaltung, die Eingriffe in Natur und Landschaft kontrolliert. Übrigens: In Baden-Württemberg verfügt die Umweltverwaltung, bisher bezogen auf die Einwohnerzahl, über nur 67 Prozent des Personals im Vergleich zu Bayern und 81 Prozent im Vergleich zu Niedersachsen. Ein eklatanter Nachholbedarf auch im Vergleich zu anderen Bundesländern! Martin Rösler, Mittelbiberach Überflüssig Zur Meldung „Größter Kreisverkehr von Biberach ist umgebaut“(4.8.): Vielleicht existiert kein deutsches Wort für U-Turn, weil dieser Blödsinn aus den USA kommt. Diese Baumaßnahme war absolut überflüssig. Wer von Biberach nach Ulm will, fährt nach Norden über Birkendorf. Das südliche Stadtviertel fährt mehrheitlich über die Waldseer Straße ins Jordanei. Also: Beschleunigung für wenige. Und dann wird auch noch durch eine hässliche Mauer das erklärte Ziel – flüssiger Verkehr durchs Ei – kontraproduktiv torpediert. Jetzt schon entstehen ohne Verkehr im Kreisverkehr und außerhalb der Stoßzeiten Rückstaus bis in die Memminger Straße, weil nur noch der Erste in der Schlange überhaupt ins Ei hineinsieht. Bravo! Da hätte es ein zudem billiges Stoppschild auch getan! Witzigerweise fordert die Stadtverwaltung ein paar Seiten weiter die Bürger dazu auf, an Ecken und Einmündungen die Hecken zu schneiden. Hier gilt nämlich: Weniger Sicht bedeutet Verkehrsgefährdung! Andreas Kuschick, Biberach Liebe Leserinnen, liebe Leser, wir freuen uns über Ihre Briefe. Bitte haben Sie aber Verständnis dafür, dass wir für die Veröffentlichung eine Auswahl treffen und uns auch Kürzungen vorbehalten müssen. Leserzuschriften stellen keine redaktionellen Beiträge dar. Anonyme Zuschriften können wir nicht veröffentlichen. Schwäbische Zeitung Karlstraße 16 88212 Ravensburg Fax-Nr. 0751 / 295599-1499 Leserbriefe@schwaebische-zeitung. Ihre Redaktion