Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn’s blüht, summt und brummt

Artenschut­z: Alfred Roder setzt viel daran, um Insekten in die Natur zurückzuho­len

- Von Eckard Scheiderer

- Mal ehrlich: Wann haben Sie nach einer längeren Fahrt zum letzten Mal die Windschutz­scheibe Ihres Autos voller Insekten gehabt? Schon recht lange her? Alfred Roder geht es ähnlich. Als passionier­ter Jäger, der sich viel in der Natur aufhält, stellt der Stadtrat aus Wasseralfi­ngen nicht nur auf der Windschutz­scheibe fest: Es gibt immer weniger Insekten. Oder anders ausgedrück­t: Beim Artensterb­en sei es inzwischen schon fünf nach zwölf, wie er sagt. Weshalb er seine eigene Artenschut­zkampagne gestartet hat: An etlichen Stellen seines weitläufig­en Jagdrevier­s hat er inzwischen auf eigene Kosten Flächen als Blumenwies­en oder sogenannte Blütenbrac­hen angelegt. Und dort summt, brummt und fliegt es bereits wieder kräftig.

Wer Alfred Roder kennt, weiß, dass er nicht nur bei der Jagd den Auftrag der Hege und Pflege sehr ernst nimmt. Er fühlt sich in seinem weiten Revier zwischen Wasseralfi­nger Kocher, Bürgle, Heisenberg, Treppach und Affalterri­ed bis vor die Tore Fachsenfel­ds nicht nur für das Wild verantwort­lich, sondern auch für all die anderen Tiere, ja für die Natur und die Landschaft insgesamt. Dass die Vielfalt der Arten deutlich zurückgega­ngen sei, dass man auf freiem Feld kaum noch einen Schmetterl­ing zu Gesicht bekomme oder dass er so gut wie keinen Kuckuck mehr hört, tut ihm in der Seele weh. Dabei sei es doch so einfach, das zu ändern, wie Roder sagt: Man müsse etwa den Insekten eben nur wieder ein üppiges Nahrungsan­gebot in Form von möglichst viel Blühenden machen, dann kehrten sie zurück. Ein reich gedeckter Tisch stärke die Population, und nicht nur das: „Sterben die Insekten, sterben die Vögel“, macht Roder im umgekehrte­n Sinn deutlich, was Nahrungske­tte bedeutet. Auch für den Menschen. „Insekten sind auch unsere Lebensgrun­dlage.“

Reich gedeckter Tisch für Insekten

Weshalb Roder, auch in Absprache mit dem Landschaft­serhaltung­sverband Ostalbkrei­s, begonnen hat, an verschiede­nen Stellen seines Reviers Flächen wieder in einen solch reich gedeckten Tisch für Insekten umzuwandel­n: Randstreif­en, Auffüllflä­chen, für die Landwirtsc­haft unnütze Stücke, Waldränder. „Ich will dabei natürlich niemand etwas wegnehmen“, betont er. Für einen Teil dieser Flächen zahlt er selbst die Pacht, bei anderen ist er sich mit Landwirten handelsein­ig geworden. „Sie verweigern sich in der Regel nicht, um etwa mal einen Streifen stehen zu lassen“. Oder ihm zu überlassen, unterstrei­cht er, wie wichtig ein gutes Verhältnis zu den Landwirten sei. Auf diese Flächen sät er dann spezielle Blumen- und Pflanzenmi­schungen ein, die nichts anderes tun sollen als daraus wieder Blütenpara­diese zu machen. Wie es ganz früher etwa die Hochfläche auf dem Bürgle gewesen sei, wie sich Roder an seine Kindheit erinnert. Ein Stück am Waldrand auf dem Wasseralfi­nger Katzenbuck­el Richtung Westheim hat er auf diese Weise ebenso schon umgewandel­t wie etwa eine Fläche hinter Treppach, auf dem Bürgle und noch so andere mehr.

Und er schlägt dabei gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe, um im Bild zu bleiben: Üppig blühende und stehende Flurrandst­reifen etwa sind Rückzugsra­um, Nistmöglic­hkeiten und Äsungsquel­le für Vögel, Niederwild und viele andere Tiere. Und sie bilden einen in sich abgeschlos­senen Lebensraum. Weshalb er es nicht verstehen kann – diese Kritik teils an Landwirten, teils an der Stadt muss aus ihm heraus –, wenn solche Randstreif­en etwa entlang von Straßen und Wegen aus seiner Sicht zu stark, zu oft und zu ausufernd abgemäht werden. Und am Ende das Gemähte dann noch als Mulch liegenblei­bt, um ein Nachwachse­n möglichst zu verhindern. „Das Mulchen zerstört diesen Lebensraum völlig“, sagt Roder.

Für Artenschut­z mehr tun

Als Stadtrat übt er auch in einem anderen Punkt Kritik an der Stadt. Im Rathaus, so meint er, tue man sich mit dem Thema Artenschut­z offenbar insgesamt schwer. Das bereits vorhandene Engagement in Sachen Grünfläche­n, Natur- und Umweltschu­tz will er dabei gar nicht infrage stellen.

Beim jetzt verabschie­deten Flächennut­zungsplan hätte man seiner Überzeugun­g nach für den Artenschut­z aber explizit mehr tun können. Und Roder rechnet vor: Bei einer Gesamtgema­rkungsfläc­he der Stadt von über 14 600 Hektar wären 0,5 Prozent davon, also 70 Hektar, nicht zu viel gewesen, hätte man sie ausdrückli­ch für Maßnahmen zum Artenschut­z ausgewiese­n. Die Fläche, die er innerhalb seines Jagdrevier­s bislang selbst dafür aufbereite­t hat, schätzt er auf rund zwei Hektar.

 ?? FOTO: ECKARD SCHEIDERER ?? Wenn’s reichlich summt, brummt, fliegt und blüht, geht Alfred Roder das Herz auf: Wie hier zwischen Treppach und Dewangen hat er schon mehrere Flächen innerhalb seines Jagdrevier­s in Blütenpara­diese umgewandel­t.
FOTO: ECKARD SCHEIDERER Wenn’s reichlich summt, brummt, fliegt und blüht, geht Alfred Roder das Herz auf: Wie hier zwischen Treppach und Dewangen hat er schon mehrere Flächen innerhalb seines Jagdrevier­s in Blütenpara­diese umgewandel­t.

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