Von „Der richtige Mann zur richtigen Zeit“bis „Desaströse Politik“– Banker über den Notenbanker Draghi
Kritisch sieht
Der richtige Mann zur richtigen Zeit, so sieht der ChefAnlagestratege der Deutschen Bank, Ulrich Stephan, den Italiener. „Sein ,Whatever it takes’ hat 2012 die Wende in der Eurozonenkrise eingeleitet, seine geldpolitischen Entscheidungen haben definitiv zur Stabilisierung der Eurozone beigetragen“, sagt Stephan. Die Chancen Weidmanns auf die Nachfolge Draghis beurteilt der Deutschbanker „möglicherweise nicht schlecht“. Allerdings wäre die Personalie sicher „mit Kompromissen Deutschlands außerhalb der Geldpolitik“verknüpft. Vertreter von Sparkassen und Genossenschaftsbanken – werfen dem Italiener, der zum 1. November 2011 den Franzosen Jean-Claude Trichet an der Spitze der EZB ablöste vor, bei allen Erfolgen in der Geldpolitik die Interessen der Sparer zu vergessen. Denn seine Politik – Nullzinsen, Strafzinsen von Banken, Aufkauf von langfristigen
Der vor allem in Deutschland geäußerte Vorwurf, Mario Draghi betreibe Klientelpolitik, hält
Peter Schneider, Chef des Sparkassenverbands BadenWürttemberg die Politik Draghis. „Die Politik mit der faktischen Abschaffung des Zinses ist fatal. Für die Altersvorsorge hat das dramatische Auswirkungen und auch viele junge Menschen sehen im Sparen keinen Sinn mehr“, sagt Schneider. Weidmann sei ein „sehr guter Mann“, den sich Schneian die EZB-Spitze wünscht. „Aber ich fürchte, dass die Länder, die ein vitales Interesse an niedrigen Zinsen haben, versuchen werden, eine Person durchzusetzen, die diese Politik weiter gewährleistet.“ Staatsanleihen und Unternehmensbonds – lässt nicht nur bei Banken und Versicherungen die Zinserträge und damit Einnahmen wegbrechen, sondern enteignet auch Anleger, die auf klassische Produkte wie Sparbuch und Festgeld setzen. „Dass man den Zins mit einer nie da gewesenen Marktintervention wegreguliert
Dass Mario Draghi den Euroraum zusammen gehalten hat, ist sein Verdienst, meint
Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank, für unfair. „Sein beherztes Eingreifen 2012 hat wesentlich dazu beigetragen, dass es den Euro heute noch gibt. Mit den Anleihekäufen hat Draghi der Politik Zeit gekauft. Doch viele Politiker haben die Zeit nicht genutzt.“Nach einem Niederländer, einem Franzosen und einem Italiener hält der Commerzbanker es nicht für ausgeschlossen, dass der nächste EZB-Präsident aus Deutschland kommt.
Gerhard Schorr, Verbandsdirektor beim Genossenschaftsverband, der die Volksund Raiffeisenbanken vertritt. „Aber der Preis dafür war und ist zu hoch, die Nebenwirkungen sind desaströs. Die faktische Abschaffung der Zinsfunktion ist langfristig für Volkswirtschaft und Gesellschaft schädlich“, sagt Schorr. „Wenn es um Qualifikation und Persönlichkeit geht“, hält Schorr Weidmann für eine erstklassige Wahl als Draghi-Nachfolger. „Das ist unbestritten. Alles andere ist Polit-Basar.“(ben/ank)