Eine „Symphonie“, die allen auf die Nerven geht
Drei Monate Fahrverbot und Bußgeld für Mannheimer PS-Poser – Ermittlungsgruppe gebildet
- Bei Tempo 220 km/h müssen die Polizisten aufgeben. Zwei vor ihnen fahrende Mercedes AMG 63 sind schneller. Beide Sportwagen liefern sich Anfang November 2016 auf der Autobahn zwischen Mannheim und Heidelberg ein Rennen. Dann rasen sie weiter auf der A5 in Richtung Karlsruhe und gefährden andere Verkehrsteilnehmer. Bei Nebel. Später wird einer der Fahrer nahe seiner Wohnung im Rhein-Neckar-Kreis gestellt. Der 23-Jährige steht nach Polizeiangaben unter Drogeneinfluss. Er ist bereits zuvor mit 168 km/h durch eine Baustelle am Mannheimer Kreuz gebrettert. Erlaubt ist dort nur Tempo 60. Der junge Mann mit Migrationshintergrund zeigt sich uneinsichtig. Einen Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe will er nicht akzeptieren und legt Einspruch ein.
Kurz vor der für Freitag anberaumten Verhandlung zieht er diesen zurück. „Ich habe mich zwei Stunden für den Prozess vorbereitet“, sagt der Mannheimer Amtsrichter Stefan Reitemeyer. Das Verfahren sei nun rechtskräftig abgeschlossen – es bleibt bei einem Fahrverbot von drei Monaten. Und einem Bußgeld von mindestens 1200 Euro. Die genaue Höhe vermag der Richter aus Datenschutzgründen nicht zu nennen. Mehrere Zeugen sind umsonst zu dem Prozess gekommen. Darunter auch Norbert Schätzle, Sprecher der Mannheimer Polizei. Er hat den Raser bereits Wochen vor dem Autorennen beobachtet. Der 23-Jährige sei in seinem vollbesetzten AMG 63 durch Heidelberg „gejagt“. Und in einer Kurve ins Schlingern geraten. Schätzle, der damals als Jogger unterwegs ist, stellt den Fahrer an einer roten Ampel zur Rede. Und erhält eine flapsige Antwort: „V8 Alter“. Dann braust der junge Mann unbeeindruckt davon.
Er wird der sogenannten PoserSzene zugerechnet. Seit Langem nerven diese hirnlosen PS-Protzer mit ihren lärmenden Boliden und halten die Polizei in Atem. Vor allem in der Mannheimer Innenstadt, aber auch in anderen Städten wie Mosbach und Heidelberg. Laut Werbung ist der um die 500 PS starke AMG 63 „eine Symphonie für die Sinne“. Ein Hohn für die lärmgeplagten Anwohner. Poser seien Angeber, sagt Polizeisprecher Schätzle. „Sie wollen zeigen, was für einen tollen Schlitten sie fahren.“Erst gestern sei ein Ferrari in Mannheim „volle Kanne durchgeblasen“.
Seit Jahren versuche die Polizei die „Szene trockenzulegen“. Hierfür ist die sechsköpfige Ermittlungsgruppe „Poser“zuständig. Zahlreiche Autos seien bisher aus dem Verkehr gezogen worden, berichtet Schätzle. Besonders laut seien nicht nur illegal getunte Fahrzeuge, sondern auch deutsche Luxusautos, die serienmäßig über einen zuschaltbaren „Rennmodus“verfügten. Die entwickelten eine „enorme Lautstärke“, sagt Schätzle.
Dies will der Chef der Mannheimer Verkehrspolizei, Dieter Schäfer, nicht länger hinnehmen. Vor Kurzem hat er deshalb das Kraftfahrt-Bundesamt eingeschaltet. Schäfer verlangt, derartige Automodelle zu verbieten.