Auf Goethes Spuren
Der deutsche Dichterfürst hat es ihr angetan: Die Italienerin Vienna Cammarota (68) wandert jene Stationen ab, die Johann Wolfgang von Goethe zwischen September 1786 und Mai 1788 besucht hat. In ihrem riesigen Rucksack ist ihr wichtigster Wegbegleiter – neben Trockenobst und Parmesan – das Buch „Viaggio in Italia“(„Italienische Reise“). Seite für Seite, Schritt für Schritt arbeitet sich Cammarota vor: Sie will sehen, welche Orte noch zu finden sind, die der Dichter beschrieb. Der Gasthof „Zum Schwarzen Adler“etwa, in dem Goethe in München abstieg, ist verschwunden – dort reiht sich heute Kaufhaus an Kaufhaus.
Die ehemalige Finanzbeamtin aus Paestum südlich von Neapel war am 28. August – dem Geburtstag Goethes – im tschechischen Karlsbad gestartet. Über Regensburg erreichte sie jetzt München – bei fast demselben grauen Himmel wie Goethe: „Ein Nebel, der für einen Regen gelten konnte, empfing mich heute früh vor München“, schrieb der Dichter damals. Derzeit wandert Cammarota weiter gen Süden Richtung Heimat – dem Land, „wo die Zitronen blühn“.
Mit der Kutsche war Goethe fast zwei Jahre unterwegs. Cammarota will die Strecke zu Fuß in zwei Monaten schaffen, Ende Oktober soll die Reise in ihrer Heimatstadt Paestum enden. „Mein Motiv ist vor allem, den Leuten meines Alters zu zeigen: Es geht. Zweitens geht es darum, deutlich zu machen, dass wir in Europa leben und alle Europäer sind – und es somit keine Grenzen gibt.“Außerdem wolle sie ein Zeichen für einen langsamen und sanften Tourismus setzen, sagt Cammarota, die auch als Umweltführerin Menschen die Natur näherbringt. Für das nächste Projekt hat die Rentnerin auch schon eine Idee: Ein Trip auf den Spuren von Marco Polo, der unter anderem mit Reiseberichten aus China bekannt wurde. Sabine Dobel
Vienna Cammarota wandert gemäß Goethes „Italienischer Reise“.