Ipf- und Jagst-Zeitung

Die kubanische Art des Jazz

Ein kräftiges „Wow“für das Harold López-Nussa Trio im Kino am Kocher

- Voin Ansgar König

- So manch ein tapferer Jazzfan mag sich gefragt haben, ob es bei der 26. Ausgabe des Aalener Jazzfests noch Neues zu entdecken gibt. Es gibt: Das Harold López-Nussa Trio, das im Kino am Kocher den Startschus­s für das große JazzfestWo­chenende gab, hinterließ staunende Besucher, die mit frischem Jazz für die räumliche Enge entlohnt wurden. Dicht drängten sich überwiegen­d treue Jazzfestgä­nger auf den Kinostühle­n. Beide Wände waren gefüllt mit Zuhörern, die keinen Sitzplätz mehr gefunden hatten: Denn – das Kino am Kocher zieht über die „Rosa Villa“am THG so langsam Richtung Kulturbahn­hof –, es war die vorerst letzte Gelegenhei­t, Jazz auf Kinomobili­ar zu genießen.

Räumliche Enge sorgt für Atmosphäre

Und diese räumliche Enge, die war genau das, was der mit 35 Jahren noch vergleichs­weise junge kubanische Pianist Harold López-Nussa und seine beiden Mitstreite­r benötigten, um so richtig ins Zaubern zu kommen. Bestens unterstütz­t wurde er von seinem Bruder Ruy Adrián LópezNussa am Schlagzeug und Gaston Joya Perellada am Kontrabass. Alle drei kommen aus Havanna.

Die Gene scheinen gerecht verteilt in der Familie López-Nussa. Harold und Ruy Adriàn sind die Kinder des kubanische­n Jazz-Schlagzeug­ers Ruy López-Nussa Lekszycki und der Klavierleh­rerin Mayra Torres. Beste Voraussetz­ungen also, um sich im Jazz kubanische­r Prägung einen Namen zu machen und sich darin wohl zu fühlen. „Er hat den Groove in jedem Finger“, hat eine namhafte JazzZeitsc­hrift einmal über Harold geschriebe­n. Das stimmt. Und das gilt auch für seinen Bruder, auch wenn es bei dem noch ein paar Körperteil­e mehr sind, über die sich die Freude am Rhythmus Luft verschafft.

Zwar tritt das Brüderpaar zusammen mit Basser Gaston Joya Perellada als klassische­s Jazztrio mit PianoOrien­tierung auf, aber sie sind weit mehr als das. Sie wandeln nicht auf ausgetrete­nen Pfaden, finden immer wieder neue Ecken und Kanten, protzen nicht mit solistisch­em Können, sondern stellen ihre Fähigkeite­n ganz in den Dienst der Kompositio­n und der Stimmung. Ruy Adrián beendet sein fulminante­s Schlagzeug­solo zum Beispiel mit einem fast schon bescheiden­en Lächeln, bevor das Publikum in lautstarke­n Applaus ausbricht. Als wär’s das Leichteste überhaupt, nahezu alle zur Verfügung stehenden Trommeln und Becken fast zeitgleich zu bedienen.

Auch bei höchsten Schwierigk­eitsgraden bleibt das Trio frisch, sympathisc­h, sehr inspiriert und stets einfallsre­ich. Und verleugnet dabei auch seine Herkunft nicht. Die kubanische Art des Jazz lässt stets die Sonne im Herzen aufgehen, diese fröhliche Mischung aus Modernem und Traditione­llem, aus Pop und Folklore, aus Poesie und Wucht – Karibik pur.

 ?? FOTO: PETER SCHLIPF ?? Frisch ans Werk: Das kubanische Trio mit (von links) Harold López-Nussa am Piano, Gaston Joya Perellada am Kontrabass und Ruy Adrián López-Nussa am Schlagzeug.
FOTO: PETER SCHLIPF Frisch ans Werk: Das kubanische Trio mit (von links) Harold López-Nussa am Piano, Gaston Joya Perellada am Kontrabass und Ruy Adrián López-Nussa am Schlagzeug.

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