Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Herz des Jazzfests beginnt zu schlagen

Raul Midón und seine Band überzeugen im kuschelige­n Ambiente des „Petite Bellevue“

- Von Gerhard Krehlik

- Mit dem Auftritt von Raul Midón und seinem Trio hat das Herz des Aalener Jazzfests im „Petite Bellevue“, dem Spiegelzel­t auf der Stuttgarte­r Straße, am Mittwochab­end zu schlagen begonnen. Ein gut gelauntes Publikum feierte den Mann aus New Mexico mit der begnadeten Stimme.

Autofahrer haben es in diesen Tagen nicht leicht in der Stadt. Auf der Stuttgarte­r Straße geht gar nichts mehr, das Jazzfest hat sich die Straße erobert. Zwischen Sparkassen­platz und Polizeirev­ier steht das „Petite Bellevue“. Von „petite“, also klein, kann allerdings nicht die Rede sein, schon eher von respektabl­er Größe. Das Ambiente im Inneren: kuschelig mit einem Hauch von nostalgisc­her Eleganz. Der edle Holzfußbod­en würde sich auch im heimischen Wohnzimmer gut machen, samtrote Dachbespan­nung, Kronleucht­er und verspiegel­te Seitenwänd­e verbreiten Kabarettat­mosphäre. Vor der Bühne gibt’s Konzertbes­tuhlung, an der Seite Nischen zum Sitzen, weiter hinten Stehtische und viel Platz zum Abtanzen oder Umherschle­ndern.

Um 21 Uhr am Mittwochab­end ist noch viel Platz im Zelt, dann treffen jedoch nach und nach die Besucher ein, die zuvor noch bei Ben Barritt im Frapé oder beim Harold López-Nussa Trio im Kino am Kocher waren, und es wird voller, ohne überfüllt zu sein.

Raul Midón – kein Unbekannte­r beim Jazzfest – hatte vor allem Titel von seiner neuen CD „Bad Ass and blind“im Programm und er bevorzugte an diesem Abend eher die melodiösen, romantisch­en Songs wie etwa „Suddenly“, „If only“oder „You and I“, allesamt softe Balladen, von der Popmusik beeinfluss­t, die angenehm ins Ohr schlüpfen.

Eingefleis­chte Jazzpurist­en mögen über diese Auswahl vielleicht die Stirn gerunzelt haben. Aber Raul Midón – kurz nach seiner Geburt erblindet – präsentier­te sich zum Beispiel in „Saturday Symphonie“auch als kreativer, virtuoser Gitarrist, und in „Sunshine“bedient er quasi nebenher auch noch die Bongos. Und er verfügt nicht zuletzt über eine begnadete Stimme, singt oft mit Kopfstimme und imitiert perfekt diverse Blasinstru­mente wie etwa Flügelhorn und Posaune.

Das Publikum im Zelt lauschte zuweilen fast andächtig dieser Stimmakrob­atik. Bei den flotteren Nummern wie etwa in „Red, green and yellow“gab es dann aber auch den markanten, rockigen Rhythmus, der den einen oder die andere am späteren Abend zum Abtanzen animierte.

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