„User oder nicht User?“
„Theater trifft...“beschäftigt sich mit den digitalen Medien
(an) - Das Leben Jugendlicher in sozialen Netzwerke ist kompliziert. Zwischen Freundschaftsanfragen und Beziehungsstatus tauchen Manipulation und das Spiel mit Identitäten auf. Ist heutzutage nicht eigentlich jeder online? Damit beschäftigte sich jüngst eine Veranstaltung der Reihe „Theater trifft...“des Aalener Stadttheaters. Tina Brüggemann vom Theater und Jonathan Giele, Regisseur des Stücks „Cyber Cyrano“, unterhielten sich mit der 18-jährigen Dunya Wasella.
Digitale Täuschungsversuche
Das Theater der Stadt Aalen hat mit „Cyber Cyrano“von István Tasnádi ein Jugendstück auf die Bühne gebracht, das nicht nur die allseits bekannten Liebesprobleme Jugendlicher beleuchtet, sondern spielerisch mit digitalen Täuschungsversuchen, Parallelwelten und der Verführungskraft digitaler Medien umgeht.
Dunya Wasella ist selten offline – sie ist ein „digitaler Ureinwohner“. „Wie sieht es mit dem Gegenteil aus?“, fragte Tina Brüggemann. In „Cyber Cyrano“benutzt ein Mädchen das soziale Netzwerk, um zwei ihrer Mitschüler zu beeinflussen, erschafft eine Person im Netz, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Sie habe das auch schon gemacht, gesteht Wasella, mit dem Ziel herauszufinden, was andere über sie denken. Das sei keine Seltenheit, in sozialen Netzwerken sei die Verführung groß. Um ein neue Person zu „erschaffen“, benötige man nur eine E-Mail-Adresse.
Neu sei diese Methode nicht, wandte ein Gast aus dem Publikum ein, schon früher habe es Fake-Brieffreundschaften gegeben. Man habe „aus Jux und Tollerei“auf Partnerschaftsannoncen geantwortet. Es sei auch die Freude, eine Rolle zu spielen, und Neugierde. „Digitale Medien sind wie Alkohol. Sie nehmen den Menschen die Hemmschwelle“, so Dunya Wasella.
Man dürfe die digitale Welt nicht nur verteufeln, da sie auch sehr viele Vorteile mit sich bringe, so Wasella, die mit 15 Jahren ein Jahr in Indien lebte. Dort hätte sie ohne digitale Kommunikation niemals so viel mit Familie und Freunden kommunizieren können. Es sei nahezu kostenlos, mit Menschen aus einem anderen Kontinent zu chatten oder zu telefonieren. Selbst in der Schule seien solche Kommunikationsformen nicht mehr wegzudenken.
Doch was ist mit denen, die kein Whats-App haben? „Man verpasst tatsächlich was, wenn man es nicht hat“, so Wasella, bekomme Einladungen zu Partys unter Umständen nicht mit oder verpasse sonstige Neuigkeiten. Doch die Gefahr ist groß, zum „social junkie“zu werden, Panik zu bekommen, nicht erreichbar zu sein und dabei das wirkliche Leben zu verpassen. Womit die 18-Jährige an das Motto der Spielzeit „Sein oder Haben?“anknüpft: Ein Smartphone zu besitzen, sei keine Garantie dafür, sich lebendig zu fühlen, das „Sein“genießen zu können.
Regisseur Giele rief allen Anwesenden ein Bild vor Augen, wie es so oft zu sehen sei und sicherlich sehr viele kennen: Mehrere Leute sitzen in einem Restaurant an einem Tisch, gesprochen wird nicht sehr viel, dafür starrt jeder aus der Runde auf sein Smartphone. Es sei wichtig, über die Entwicklungen in der digitalen Welt zu reden, immer und immer wieder. Dabei dürften selbstverständlich die positiven Auswirkungen nicht außer Acht gelassen werden, und als „digital nerd“sollte man sich trotzdem damit befassen. Vielleicht finde das nächste „Theater trifft…“nicht offline, sondern online statt, als Whats-App-Gruppe, an der jeder, der will, teilnehmen könne. User oder nicht User, das sei hier die Frage. Oder doch nicht?