Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Spiel mit dem Feuer

- Von Inge Günther

Offenbar wollte Donald Trump aus Lust an der Provokatio­n mal wieder alles aufmischen. Vor allem, um seiner Anhängersc­haft zu imponieren, die ihn öfters mit der Erinnerung an sein bislang nicht eingelöste­s Wahlverspr­echen piesackte, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen. Anders macht sein Tabubruch keinen Sinn, Jerusalem, das Herzstück des Nahostkonf­likts, als alleinige israelisch­e Hauptstadt anzuerkenn­en und den Botschafts­umzug in absehbarer Zeit in Angriff nehmen zu wollen.

Am Status Jerusalems zu rühren, ist ein Spiel mit dem Feuer. Nahezu alle blutig eskalierte­n Krisen im israelisch-palästinen­sischen Konflikt – von den Tunnelunru­hen 1996 über die zweite Intifada bis zur Serie palästinen­sischer Messeratta­cken 2015 – haben sich an dieser Stadt, die Juden, Moslems und Christen heilig ist, entzündet. Selbst wenn sich nicht die schlimmste­n Szenarios bewahrheit­en, der Spannungsp­egel in Jerusalem ist bereits spürbar gestiegen.

Neben den unmittelba­ren Risiken lauert noch eine politische Gefahr. Trumps Parteinahm­e, die Israels Alleinansp­ruch auf Jerusalem stärkt und die palästinen­sischen Rechte ignoriert, hat einfach Schlagseit­e. Er hat damit die US-Führungsro­lle als Vermittler im Nahost-Prozess verspielt. Den „ultimative­n Deal“kann Trump vergessen, wenn er, der Unberechen­bare, nicht doch noch eine scharfe Kehrtwende einschlägt.

Sein jetziger Schritt ist auch deshalb so riskant, weil er sogar die Saudis, seine engen Freunde, auf Distanz gehen lässt. Die Chancen mit ihnen, den Ägyptern und Jordaniern eine regionale Friedensko­nferenz auf die Beine zu stellen, schwinden. Denn Jerusalem, von dessen Felsplatea­u der Prophet Mohammed seine nächtliche Himmelsrei­se angetreten haben soll, kann die islamische Welt nicht ignorieren. Außerdem bleibt Israels Annexion Ost-Jerusalems einfach völkerrech­tswidrig.

Im Namen Jerusalems steckt das Wort Frieden, Schalom. Aber dieser Frieden muss beiden Seiten gerecht werden. Die Stadt braucht dazu eine geteilte Souveränit­ät. Trump indessen hat neuen Unfrieden gestiftet. politik@schwaebisc­he.de

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