„Time“ist verkauft
Wenigstens einmal im Jahr gelingt es „Time“noch, an verflossene Größe anzuknüpfen wie soeben mit der Kür der #MeToo-Bewegung. Doch dies geschieht im Zeichen tiefer Verunsicherung. Denn das Medienhaus Time Incorporated ist an einen Verlag in Iowa verkauft worden, dessen Spezialität Lifestyle-Publikationen sind. Sorgen macht vor allem ein Investorenpaar, das im Hintergrund agiert: die Brüder Charles und David Koch. Es gibt nur wenige Industrielle, die sich derart aktiv in die Politik einmischen wie die Koch-Brüder mit ihrer Agenda des schlanken Staats, niedriger Steuern und möglichst laxer Umweltauflagen. Als Barack Obama Präsident wurde, schrieb Charles Koch in einem Rundbrief an seine 70 000 Beschäftigten, Amerika drohe mit dieser Wahl der größte Verlust von Freiheit und Wohlstand seit den 1930er-Jahren. Dass sich die Kochs mit „Time“ein Sprachrohr zulegen könnten, ruft die Skeptiker auf den Plan. „Ist es möglich, dass die KochBrüder aus dem Blatt ein FoxMagazin machen?“, fragt Marvin Kalb, einst einer der renommiertesten TV-Journalisten der USA, heute Medienexperte der Brookings Institution. „Die Antwort ist ein Ja, und diese Aussicht ist zweifellos eine verstörende.“Donald Trump scheint der TimeTitel wichtig – er twitterte, die Redaktion habe ihm mitgeteilt, er würde „WAHRSCHEINLICH“wieder Persönlichkeit des Jahres wie 2016. Wahrscheinlich sei ihm nicht gut genug, er habe abgesagt. (herr)