Goldblattkreuze: Glaubenszeichen der Alamannen
Ausstellungskatalog vermittelt neueste Erkenntnisse über frühmittelalterliche Grabbeigaben
(jm) - Noch nie waren in einer Ausstellung so viele Goldblattkreuze zu sehen wie derzeit im Ellwanger Alamannenmuseum. Der jetzt erschienene Katalog dokumentiert sämtliche Exponate, die dort noch bis zum 8. April 2018 in einer Sonderausstellung gezeigt werden. Der Katalog wird aber auch darüber hinaus Bestand haben, weil er neueste Erkenntnisse über alamannische Grabbeigaben aus dem 6. bis zum 8. Jahrhundert vermittelt.
Bis heute wurden über 400 Goldblattkreuze von Archäologen in Gräbern aus dieser frühmittelalterlichen Zeit gefunden. Die meisten in alamannischen Gebieten, aber auch bei Bajuwaren im heutigen Bayern und bei den Langobarden Oberitaliens. „Die Kreuze wurden aus dünnem Goldblech speziell für die Bestattung hergestellt und auf das Leichentuch oder einen Schleier genäht“, hat Martina Terp-Schunter von der Universität Tübingen bei ihrer aktuellen Forschungsarbeit herausgefunden.
Die meisten Kreuze kommen aus Lauchheim
Neu ist ihre Antwort auf die Frage, wo dieser Brauch entstanden ist. Bisher habe man angenommen, der Ursprung sei bei den Langobarden gewesen und von dort in das heutige Süddeutschland gebracht worden. Nach jüngsten Erkenntnissen sei der Brauch der Goldblattkreuze jedoch im mittleren Donauraum, dem damaligen Pannonien, entstanden, dem Herkunftsgebiet der Langobarden. Dort seien die Goldblattkreuze zunächst auf den Sarg genagelt worden. Mit der Ausbreitung des Brauches sei das Kreuz dann auf das Leichentuch gewandert.
Mit 14 Goldblattkreuzen aus sechs Gräbern sei Lauchheim der Ort mit den meisten dieser Kreuze nördlich der Alpen, heißt es im Katalog. Sie zeigen außerordentlich markante Verzierungsformen wie bärtige Männerköpfe, die als Christushaupt zu deuten seien, weiterentwickelt aus Darstellungen römischer Kaiser auf Münzen. Andere christliche Motive wie Alpha und Omega weisen den Träger des Goldblattkreuzes und seine Familie als Christen aus. Bischof Gebhard Fürst, Schirmherr der Sonderausstellung, wertet die Funde als „Zeugnisse des Glaubens unserer Vorfahren“. Er selbst trägt ein bischöfliches Brustkreuz, das nach dem Vorbild eines dieser Goldblattkreuze gestaltet ist.
Daneben finden sich aber auch heidnische Motive wie ineinander verschlungene Flechtbänder, die in Schlangen-, Vogel- oder Eberköpfen enden. Auffallend ist unter den Lauchheimer Funden auch ein goldener Siegelring, der unter dem Doppelkreuz ein Pferd zeigt, das Wotan geweihte Tier. Vielleicht wollte es der Alamanne des sechsten Jahrhunderts mit der alten Religion nicht ganz verderben, sich aber doch zur neuen bekennen.
„Goldblattkreuze – Glaubenszeichen der Alamannen“, herausgegeben vom Alamannenmuseum Ellwangen, Texte von Andreas Gut, Martina Terp-Schunter, Barbara Theune-Großkopf, 64 bebilderte Seiten, Verkauf im Alamannenmuseum für 5,90 Euro.