Welch ein Versagen!
Kann ein Parteichef noch mehr Fehler machen? Martin Schulz schafft es vielleicht knapp, seine SPD in eine neue Große Koalition zu führen. Vielleicht aber auch nicht. Doch wie will ein Parteichef auch seine Leute für eine Große Koalition begeistern, wenn er sie selbst schon am Wahlabend ausschloss?
Und dies, noch ungeschickter, nach dem Scheitern von Jamaika noch einmal wiederholte. Sogar in der eigenen Bundestagsfraktion war das Entsetzen groß, denn viele meinten zu Recht, dass sich eine Partei wie die SPD doch nicht einfach der Verantwortung entziehen könne.
Wenig später leitete Schulz die Wende ein. Die SPD ging in Sondierungen und erarbeitete mit der Union ein Konzept, das Schulz dann „hervorragend“nannte. Das wiederum war etwas übertrieben, aber gut und solide war das Papier schon. Wer aber erzählte dem staunenden Publikum, dass Deutschland die Grundrente bekommt? Wer verkaufte den SPD-Hit? Es war Horst Seehofer und nicht Schulz.
Doch nicht nur Martin Schulz versagte. Auch und besonders Vize Ralf Stegner, Michael Müller, selbst Malu Dreyer erzeugten den Eindruck, dass man nicht zufrieden ist mit der Sondierung und in Nachbesserungen noch SPD-Herzensanliegen durchsetzen könnte. Andrea Nahles war die Einzige, die klipp und klar sagte, was zu sagen ist: Das Sondierungspapier ist gut – und über Nachbesserungen solle man sich keine Illusionen machen.
Am Sonntag in Bonn wird Schulz noch einmal kämpfen, vermutlich wird er auf die Europa-Karte setzen. Hoffentlich hat er damit Erfolg. Denn es geht an diesem Tag nun wirklich nicht nur um die SPD, sondern darum, dass Deutschland bald wieder eine Regierung hat. Eine, die auch in Europa und der Welt Gewicht hat. Doch selbst wenn es nur einzig und allein um die SPD ginge, wäre die Verweigerung weiterer Koalitionsgespräche unverständlich. Oder meint die SPD wirklich, der Wähler werde nach Neuwahlen dafür sorgen, dass sie in der Opposition neue Kräfte gewinnt? Und wenn, wofür, wenn sie doch nicht regieren will? s.lennartz@schwaebische.de