Haft für Asylbewerber aus Westafrika
33-jähriger Mann hat Ausreisepflicht systematisch unterlaufen – Vier Monate Gefängnis
- Wegen Vergehens gegen das Aufenthaltsgesetz hat Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker am Donnerstag einen Westafrikaner zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung verurteilt. Der Angeklagte ist trotz wiederholter Aufforderung seitens der Ausländerbehörde des Landratsamtes und des Regierungspräsidiums Karlsruhe seiner Pflicht nicht nachgekommen, Identitätsdokumente vorzulegen und sich einen Pass zu beschaffen. Denn zur Abschiebung in sein Heimatland ist ein gültiger Pass erforderlich.
Der Mann ist, nach eigenen Angaben vor Gericht, 33 Jahre alt, gelernter Schreiner, stammt aus GuineaBissau und hat fünf Jahre lang in Gambia gewohnt. Nach Deutschland kam der bislang geduldete Asylbewerber 2012. Bei der Stellung seines Asylantrags und auch danach hatte er immer das benachbarte Gambia als Heimatland angegeben. Von Guinea-Bissau war nie die Rede. Seit Mitte 2013 ist der Angeklagte ausreisepflichtig und muss Deutschland verlassen. Zurzeit besucht er einen Alphabetisierungs- und Deutschkurs.
Wegen Drogenhandels bereits straffällig geworden
Sein Fehler sei gewesen, dass er zweimal die Gelegenheit hatte, im Konsulat vorzusprechen, ließ sich der Angeklagte mittels eines englischsprachigen Dolmetschers ein. Er schlafe nicht immer zu Hause in seiner Wohnung, entschuldigte er sich. Einmal wollte ihn sogar die Polizei abholen, um ihn aufs Konsulat zu bringen, doch der Angeklagte war nicht daheim. Die Polizei fand nur einen Zettel, auf dem stand „I am sick“(ich bin krank). Der Angeklagte war untergetaucht und entzog sich so wiederum der Vorführung bei der gambischen Botschaft und seiner Identitätsfeststellung.
Der Angeklagte, der im Altkreis Aalen in der Anschlussunterbringung wohnt, ist kein Unbekannter vor Gericht. So war er im Juni 2013 vom Schöffengericht des Amtsgerichts Aalen wegen gewerbsmäßigen Handels mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Davon verbüßte er ein Jahr im Gefängnis. Der Rest wurde zur Bewährung ausgesetzt und ihm im Dezember 2015 erlassen. Und am 18. Oktober 2016 verhängte das Amtsgericht Ellwangen gegen den Westafrikaner wegen unerlaubten Aufenthaltes ohne Pass eine Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen à fünf Euro (= 350 Euro). Davon hat er bislang rund 200 Euro bezahlt. Die jetzige Anklage betrifft den Zeitraum von Oktober 2016 bis heute.
„Es geht um seine Identität und um seine Mitwirkung, sich einen Pass zu besorgen“, so Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker. Der Angeklagte habe durch die Bank, auch noch im Jahr 2017, immer „Gambier“als Staatsangehörigkeit angegeben. Der Einzelrichter warf dem Angeklagten auch vor, 2014 und 2015 zweimal ohne Pass nach Österreich ausund dann wieder nach Deutschland eingereist zu sein. Auch das stelle jeweils einen Straftatbestand dar: „Das ist illegale Einreise.“Während der ganzen Zeit hatte der Afrikaner durchgehend Leistungen zum Lebensunterhalt bezogen, wie ein Beamter der Ausländerbehörde des Landratsamtes Ostalbkreis als Zeuge bestätigte. „Das ist Sozialleistungsbetrug“, kommentierte Strecker mit Blick auf die 150 Euro im Monat, plus Miete.
Amtsanwältin Maier-Tartsch sagte in ihrem Plädoyer, der Angeklagte habe sehr lange Zeit gehabt, sich einen Pass zu beschaffen, und beantragte eine Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung. Diesem Antrag folgte Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker in seinem Urteil.
In der Begründung sagte er, die beantragten vier Monate seien an der unteren Grenze des Strafrahmens, der eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vorsieht. Nach Streckers Meinung ist der Westafrikaner nach Deutschland gekommen, um hier mit Betäubungsmitteln zu handeln. Die Ausreise in sein Heimatland verhindere der Angeklagte kontinuierlich seit über viereinhalb Jahren. Vom Erlass eines Haftbefehls sah Strecker ab.