„Bahn spielt seit 30 Jahren Hugoles mit der Stadt“
Walkstraße: OB Thilo Rentschler ist gewaltig sauer und pocht auf einen Termin bei Bahnvorstand Pofalla
- Fragt man Oberbürgermeister Thilo Rentschler danach, wann endlich die Beseitigung des Bahnübergangs in der Walkstraße beginnt, platzt ihm schier der Kragen. Er spricht von einem Trauerspiel und vom „Horrorszenario“einer inzwischen 30-jährigen Chronologie, deren Ende immer noch nicht absehbar sei. Denn noch immer sehen sich die Deutsche Bahn und ihre zuständigen Stellen nicht in der Lage, den letzten, entscheidenden Haken an die sogenannte Eisenbahnkreuzungsvereinbarung zu machen, ohne die sich an der Walkstraße kein Spaten regen darf. Rentschler hat deshalb jetzt Bahnvorstand Ronald Pofalla einen Brief nach Berlin geschickt, in dem er ihn dringend um einen persönlichen Besuchstermin gemeinsam mit den drei Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter (CDU), Leni Breymaier (SPD) und Margit Stumpp (Grüne) bittet.
Die ersten Überlegungen, den Bahnübergang an der Walkstraße – zentrale Verbindung zwischen der östlichen Kernstadt und der Stadtmitte – durch eine Straßenunterführung zu ersetzen, reichen bis ins Jahr 1988 zurück, damals noch zu Zeiten der Deutschen Bundesbahn. Von da an nimmt die „tragische Chronologie“, wie Rentschler an Pofalla schreibt, ihren Lauf: Im Gemenge zwischen Stadt, Deutscher Bahn und ihrer jeweils unterschiedlich zuständigen Tochterunternehmen, Eisenbahnbundesamt als Aufsichts- und Genehmigungsbehörde und dem Land (es zahlt am städtischen Drittelanteil bei den Kosten mit) ging es mal um die Kosten insgesamt, mal um die Planung, mal um die Frage, ob ein Planfeststellungsverfahren notwendig sei, mal darum, wie viel Geld das Land im Rahmen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz überhaupt für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung stellt.
Streitpunkt Industriegleis
Im April 2016 hat der Aalener Gemeinderat, nachdem sich alle Beteiligten über die endgültige Planung einig waren, einer Eisenbahnkreuzungsvereinbarung zugestimmt. Im Mai desselben Jahres gab es an der Walkstraße erste Proberammungen, doch mehr hat sich seitdem nicht mehr getan. Außer dass die zuständigen Bahnstellen plötzlich das Thema Industriegleis entdeckt haben. Das ebenfalls zu unterführende Industriegleis, das die Betriebe entlang der Ulmer Straße von der Erlau bis zum Ostertag-Areal tangiert, gehört der Stadt, die an seinem Fortbestand festhalten will. Was Bahnstellen und Eisenbahnbundesamt inzwischen offensichtlich anders sehen – aus Kostengründen beim Bau der Unterführung.
Anfang Mai 2016 hatte es eine große Bürgerinformationsveranstaltung der Stadt zum Projekt Walkstraße gegeben. Damals war vom Beginn der Erd- und Stahlbetonarbeiten im September 2017 die Rede. Im vergangenen September geschah allerdings nur dies: Die DB Projektbau hat der Stadt in einem Brief geschrieben, dass die Eisenbahnkreuzungsvereinbarung in Anlehnung an aktuellste Mustervereinbarungen nochmals überarbeitet werde und das Eisenbahnbundesamt die Kostenteilungsregelung noch abschließend klären müsse. Seitdem hat man auf dem Rathaus nichts Entscheidendes mehr von Bahnseite aus zur Walkstraße gehört. Außer dass „Monat für Monat“, wie Rentschler sagt, „irgendeine Bahnstelle“immer noch etwas im Entwurf der Eisenbahnkreuzungsvereinbarung entdecke, was deren Abschluss weiter verzögere.
„Gutmütigkeit war Grundfehler“
Der Grundfehler von Anfang an, so vermutet Rentschler, sei der gewesen, dass sich die Stadt dazu bereit erklärt habe, die Planung für die Beseitigung des Bahnübergangs Walkstraße zu übernehmen. In der Hoffnung, sich dadurch unter anderem einen Zeitvorteil zu verschaffen. Doch das Gegenteil sei eingetreten. Die Bahn habe die Gutmütigkeit der Stadt ausgenützt „und uns immer wieder in eine neue Warteschleife geschickt“. Oder anders ausgedrückt: „Seit 30 Jahren spielt die Bahn Hugoles mit der Stadt“, wie Rentschler schimpft. Dabei habe die längst alles erledigt, was zu tun gewesen sei.
Bei Bahnvorstand Pofalla will der OB im Schulterschluss mit den drei Abgeordneten deshalb nun persönlich Druck machen. Schließlich seien die so etwas wie die Gesellschafter der DB AG, die immer noch ein zu 100 Prozent bundeseigenes Unternehmen sei.