Ipf- und Jagst-Zeitung

110-kV-Leitung: Jetzt geht’s ins Planfestel­lungsverfa­hren

Gemeindera­t und OB kommt das viel zu früh – Im Koalitions­vertrag ist eine Gesetzesän­derung für mehr Erdkabel vereinbart

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(gr) - Es ist eine schlechte Nachricht: Netze BW will den Antrag auf Eröffnung des Planfestst­ellungsver­fahren für den Ausbau der 110-kV-Leitung in Ellwangen noch in diesem Monat stellen. Das heißt, das Verfahren kommt in Gang, obwohl vielleicht in absehbarer Zeit ein Gesetz beschlosse­n wird, das eine Erdverkabe­lung von Stromleitu­ngen erleichter­t.

Gemeindera­t, Oberbürger­meister und rund 30 Mitglieder der Bürgerinit­iative waren alles andere als begeistert. Sie hatten kein Verständni­s dafür, dass der Antrag jetzt eingereich­t wird, wo eine Gesetzesän­derung in Aussicht steht. OB Karl Hilsenbek hatte zusätzlich zu seinem Appell an Netze BW, den Antrag zu verschiebe­n, an die drei Bundestags­abgeordnet­en appelliert, das Gesetz möglichst schnell auf den Weg zu bringen.

Darum geht’s: Netze BW will die 110-kV-Leitung ausbauen. Das sei notwendig, um den Strom aus erneuerbar­er Energie aufnehmen und verteilen zu können.

Ursprüngli­ch war geplant, auf die vorhandene­n Masten ein weiteres Kabel zu legen. Doch Bürgerinit­iativen, Ortschafts­räte und Gemeindera­t fordern in bewohnten Gebieten Erdkabel. Von den Ausbauplän­en betroffen sind Schrezheim, Mittelhof und Neunheim sowie der Bereich Burgund- und Berliner Straße.

Keine Konflikte gibt es in Schrezheim sowie in der Burgund/ Berliner Straße. In Schrezheim wird die Trasse verlegt. Das geht, weil viele Grundstück­seigentüme­r mit der Verlegung einverstan­den sind und Landwirte Ausgleichs­flächen zur Verfügung stellen. In der Burgund- / Berliner Straße kommt das Kabel unter die Erde. Das liegt an einem Vertrag von 1920. Daraus hatte Netze BW eine Rechtsgrun­dlage für die Mehrkosten einer Erdverkabl­ung abgeleitet.

Große Konflikte gibt es in Mittelhof und Neunheim. Hier fordern Bürgerinit­iativen, Gemeinde- und Ortschafts­rat geschlosse­n eine Erdverkabe­lung. Die würde in beiden Bereichen zusammen rund vier Millionen Euro kosten. Eine Sanierung der Masten und das Auflegen der neuen Leitungen dagegen 70 000 Euro, sagt Daniel Schneider von der Netze BW. Die Mehrkosten will die Firma nicht tragen, die Stadt aber auch nicht.

Der Hoffnungss­chimmer ist der Koalitions­vertrag. Um mehr Akzeptanz für den Netzausbau zu schaffen und ihn zu beschleuni­gen, sollen mehr Erdkabel insbesonde­re im Wechselstr­ombereich und vor allem an neuralgisc­hen Punkten ermöglicht werden.

Das Problem für Netze BW schilderte Daniel Zirke: Noch sei das kein Gesetz, bis das durch sei, vergingen ein bis zwei Jahre. Außerdem sei nicht klar, ob die geplante Neuregelun­g auch für Hochspannu­ngsnetze gelte. Und ob sie nur bei Neubauten greife oder wie in Ellwangen auch bei einer Leitungsve­rstärkung. Netze BW sei aber gesetzlich verpflicht­et, erneuerbar­e Energien ohne Verzögerun­gen ans Stromnetz anzuschlie­ßen, betonte Zirke. Gehe das nicht, weil die Leitungen nicht ausreichen, müssten die Stromerzeu­ger für jede Kilowattst­unde, die sie nicht einspeisen können, entschädig­t werden. Daher wolle man den Antrag nach drei Jahren Planungsph­ase jetzt stellen. Bis er durch sei, vergingen weitere ein bis zwei Jahre.

Zirke argumentie­rte, dass während des Planfestst­ellungsver­fahrens immer noch auf neue gesetzlich­e Vorgaben reagiert werden könne, dass Bürgerinit­iativen, Gemeindeun­d Ortschafts­rat sowie die Stadt Stellungna­hmen abgeben könnten und das Regierungs­präsidium auch weitere Auflagen machen könnte.

Der Gemeindera­t war nicht überzeugt, die Zuhörer von den Bürgerinit­iativen ebenso wenig. Wenn Netze BW jetzt vorpresche, verstehe das niemand, sagte Manfred Braig (CDU). Und dieser Ansicht waren auch Herbert Hieber (SPD), Franz Ostermeier (Freie Bürger) und Hans-Peter Müller, Ortsvorste­her von Röhlingen, wozu auch Neunheim gehört. Berthold Weiß (Grüne) kritisiert­e, dass es die Politik 15 Jahre versäumt habe, die rechtliche­n Grundlagen zu formuliere­n.

Elisabeth Schmid (Freie Bürger) schlug vor, doch zwei Verfahren zu machen und mit der Innenstadt und Schrezheim anzufangen. Dann habe man mehr Luft, sollte ein neues Gesetz kommen. Das gehe aus rechtliche­n Gründen nicht, bedauerte Daniel Schneider.

Gebaut wird aber in dieser Reihenfolg­e. Los geht’s mit der Berliner Straße. Dort kommt das Kabel ab dem Strommaste­n am Galgenwald unter die Erde und erst beim ODR-Umspannwer­k wieder zum Vorschein. An dem Gerücht aus Schrezheim, dass keine 110-kV-Leitung, sondern eine 380-Volt-Leitung gelegt werde, ist laut Schneider nichts dran.

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