Ipf- und Jagst-Zeitung

Erwachsene auch ohne Alibi-Kinder erwünscht

Mitmachen statt „Berühren verboten“: Explorhino Science Center öffnet in einer Woche

- Von Eva-Marie Mihai Von Grimminger­s gestiftet

- Mit den Glastüren zum Explorhino Science Center eröffnet sich eine eigene Welt. Wer den Neubau auf dem Campus der Hochschule Aalen betritt, wird von den Exponaten angezogen, niemand kommt an den Ausstellun­gsstücken am Eingang vorbei, ohne sie auszuprobi­eren. Am Samstag in einer Woche wird das Science Center eröffnet.

Axel Werner, Leiter des Explorhino Science Centers, führt eine Gruppe durch die Ausstellun­g. Er steht auf einem Sockel und lässt mit einem Seilzug eine riesige Seifenblas­e um sich herum entstehen. Die schillernd­e Fläche zieht sich zusammen und platzt, als sie Werners Kleidung berührt. Der Grund: „Seifenblas­en bilden Minimalflä­chen“, erklärt der Experte. Mit demselben Prinzip habe der Architekt Frei Otto in den 70er Jahren die Minimalflä­che für die Dachkonstr­uktion für den Münchener Olympia Park ermittelt.

Querbezüge zum richtigen Leben

Zu jedem der Ausstellun­gsstücke, die Werner ansteuert, hat er eine Geschichte zu erzählen. „Wir wollen Querbezüge zum richtigen Leben schaffen“, sagt Werner. „Um die Wissenscha­ft so bunt und interessan­t wie möglich zu machen.“Daher rede man weniger über Luftdruck als vielmehr über Wind oder Hurrikanes.

Es geht um Phänomene wie unsichtbar­es Licht, warum man beim Autofahren an eine Wand gedrückt wird, wie Tiere ihre Welt sehen oder ob man den eigenen Schatten einfrieren kann. „Man soll hier aktiv werden und die Sinne einsetzen“, sagt Werner. Statt „Berühren verboten“ gelte „Anfassen und Mitmachen erwünscht“. Werner und seine Mitarbeite­r werden vor Ort sein, um mit den kleinen und großen Besuchern ins Gespräch zu kommen. „Bildung geschieht durch Kommunikat­ion, da bin ich mir sicher.“

„Die Naturwisse­nschaft und die Technik soll für Menschen aller Altersklas­sen erlebbar gemacht werden“, sagt Hochschulr­ektor Gerhard Schneider. Susanne Garreis, die Explorhino seit 2009 leitet, berichtet von den Hintergrün­den. „Das forschende Lernen ist das Grundkonze­pt.“Explorhino sei ihres Wissens nach einzigarti­g. „Das gibt es nur einmal in Deutschlan­d.“Die gesamte Bildungske­tte sei an einem Ort: Ab dem Kindergart­enalter bis zum Schulabsch­luss würden Heranwachs­ende hier betreut.

Mit in dem Gebäude des Science Centers sind Räume der Hochschule. Dem Physik-Professor Joachim Albrecht gefällt dieses Arrangemen­t: „Ich denke, dass die Begeisteru­ng und der Spaß sich zwischen Hochschule und Explorhino befruchten können.“Wie überzeugen­d das Konzept sei, sei schon daran ersichtlic­h, dass kein vernünftig­es Pressegesp­räch in der Ausstellun­g möglich sei, ohne dass jeder anfange mit irgendetwa­s zu spielen, sagt er mit einem Seitenblic­k auf Rektor Schneider, der sich einen Wettkampf mit einem Kollegen liefert und versucht, sich schneller wie der auf einem Stuhl über eine Seilwinde nach oben zu hangeln. „Der Spaß steht im Vordergrun­d“, beteuert Werner. „Erwachsene dürfen auch ohne AlibiKinde­r kommen.“

Auf zwei Etagen mit einer Ausstellun­gsfläche von knapp 1500 Quadratmet­ern sind die 120 interaktiv­en Exponate verteilt. Neben zwei Besucherla­boren gibt es einen Kursraum mit Werkbänken, eine Bühne und ein kleines Kino.

Ein Highlight der Ausstellun­g ist ein Relief der Schwäbisch­en Alb, das Professor Michael Bauer mit seinem Team innerhalb von zwei Jahren erarbeitet hat. Aus Nasa-Daten wurde die Region nachgebaut, auf knapp vier mal zwei Metern ist sie in der Ausstellun­g zu sehen. Über ihr hängt in der Decke ein großer Kino-Beamer, der den Einschlag von zwei Meteoren effektreic­h auf das Geo-Relief projiziert oder der über das angebracht­e Tablet die Entstehung der Schwäbisch­en Alb nachstellt.

„Die Wissenscha­ft soll so bunt und interessan­t wie möglich gemacht werden.“

Axel Werner, Leiter des Explorhino Science Centers

Der Explorhino-Neubau wurde von der Familie Grimminger aus Aalen erstellt und finanziert. Grimminger kaufte 2012 das Grundstück gegenüber der Mensa von der Stadt Aalen. Der Kaufpreis von 1,2 Millionen Euro wurde von der Stadt wieder in die Dr. Albert-Grimminger-Striftung eingebrach­t. Wie viel der Bau und die Ausstellun­g gekostet haben, will die Familie nicht preisgeben. Entworfen wurde das Gebäude von einem Architektu­rbüro aus Kaiserslau­tern.

Ab Samstag, 17. März, können die Besucher an den Exponaten herumspiel­en. Geöffnet ist die Ausstellun­g dienstags und mittwochs von 9 bis 14 Uhr, donnerstag­s bis sonntags von 9 bis 17 Uhr und in den Schulferie­n dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr. Kinder zahlen 5 Euro Eintritt, Erwachsene 9 Euro.

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MIHAI FOTO: Die Macher haben ihren Spaß in der Ausstellun­g (von links): Michael Bauer, Axel Werner, Joachim Albrecht, Susanne Garreis, Gerhard Schneider.
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FOTOS: HANNA SCHULZE, MIHAI Gerhard Schneider wirkt durch optische Täuschung winzig neben Axel Werner (oben links). Schneider und Albrecht im Wettrennen (unten links). Werner umhüllt sich mit einer Seifenblas­e (rechts).
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