Blaue Flecken und eine gebrochene Nase
Szenen einer Ehe vor Gericht gehen weiter – Verhandlung im Ellwanger Amtsgericht wird erneut unterbrochen
- Im Prozess gegen einen der körperlichen Misshandlung seiner Ehefrau angeklagten 60-jährigen Mann (wir berichteten) ist auch am zweiten Verhandlungstag im Ellwanger Amtsgericht kein Urteil gefallen. Es sollen weitere Zeugen gehört werden.
Auf Antrag des Ersten Staatsanwalts Jörg Böhmer und Rechtsanwältin Ursula Klozbücher als Vertreterin der Nebenklage hat Amtsgerichtsdirektor Norbert Strecker die Verhandlung erneut unterbrochen. Eine Tübinger Rechtsmedizinerin soll gehört werden. Ihr Gutachten zu den Verletzungen der 57-jährigen Ehefrau des Angeklagten basiert nur auf Lichtbildern. Es klärt nicht zweifelsfrei, ob die Platzwunde am Hinterkopf von einem Sturz in betrunkenem Zustand oder von Schlägen des Ehemanns stammt. Bevor die Verhandlung fortgesetzt wird, soll die Rechtsmedizinerin die Narbe der mit zwei Stichen genähten Wunde in Augenschein nehmen.
Die Ehefrau des Angeklagten war am Nachmittag des 25. November 2016 in hilflosem und alkoholisiertem Zustand auf einem Gehweg in Ellwangen gefunden und in die Sankt-Anna-Virngrund-Klinik gebracht worden. Sie blutete aus mehreren Wunden. Sowohl die ermittelnden Polizeibeamten als auch die Kinderkrankenschwester, die der Verletzten zu Hilfe kam, sagten aus, die Frau habe ängstlich und eingeschüchtert gewirkt: „Es hat gedauert, bis sie bereit war, sich helfen zu lassen. Sie sagte immer wieder, sie sei an allem schuld“, so die Krankenschwester.
Blutspritzer auf einem Lammfell
In der Klinik wurden frische und ältere Blutergüsse am Oberkörper und den Schenkeln, Schürfwunden an den Händen, ein gebrochenes Nasenbein und eine immer wieder blutende Platzwunde am Hinterkopf festgestellt.
Der Ehemann hatte zugegeben, dass er am Mittag einen Streit mit seiner Frau wegen ihres übermäßigen Alkoholkonsums gehabt habe. Dabei sei es auch zu Handgreiflichkeiten gekommen. Die Polizei fand in der Wohnung Blutspritzer auf dem Lammfell, das auf einem Sessel lag. „Der Laminatboden war feucht gewischt worden, und die Waschmaschine lief“, erklärte ein Beamter. Der Ehemann wurde der Wohnung verwiesen. Das Paar lebt seitdem getrennt.
Zwei Mitarbeiterinnen der physiotherapeutischen Praxis, in der die 57-Jährige kurz nach dem Streit behandelt wurde und die sie regelmäßig aufsucht, hatten nichts Auffälliges bemerkt. Sie habe öfter blaue Flecken und einmal auch ein blaues Auge gehabt. Darauf angesprochen, habe sie gesagt, dass sie von ihrem Mann geschlagen werde.
Es ist tragisch, dass das seit mehr als 30 Jahren verheiratete Ehepaar keinen Ausweg aus dem Teufelskreis von Abhängigkeit und Co-Abhängigkeit gefunden hat. Ob die Gutachterin eindeutig klären kann, was die Kopfwunde verursacht hat, erscheint fraglich. Die Szenen einer Ehe vor Gericht werden am Montag, 9. April, fortgesetzt.