Gesetz gegen Steuerbetrug kommt
Finanzministerin Edith Sitzmann geht gegen Steuerbetrug im Onlinehandel vor
(kab) - Deutschland will gegen Steuerbetrug im Onlinehandel vorgehen. „Wir gehen davon aus, dass wir im April einen fertigen Gesetzentwurf vorliegen haben“, sagte die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) der „Schwäbischen Zeitung“. Der Umsatzsteuerbetrug in dreistelliger Millionenhöhe durch Händler, die auf den virtuellen Marktplätzen keine Umsatzsteuer zahlen, sei nicht akzeptabel.
- Vor einem Jahr hat die baden-württembergische Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) den Kampf gegen Steuerbetrug im Internethandel begonnen. Schon bald sollen Plattformen wie Amazon stärker in die Pflicht genommen werden, sagte sie im Gespräch mit Hendrik Groth und Kara Ballarin. Außerdem erklärte die Ministerin, wie sie gegen den Fachkräftemangel in der Verwaltung vorgehen möchte.
Gemeinsam mit Hessen machen Sie Front gegen Umsatzsteuerbetrug auf Onlineplattformen durch Händler vor allem aus Asien. Ist ein Erfolg in Sicht?
Wir gehen davon aus, dass wir im April einen fertigen Gesetzentwurf vorliegen haben. Es sind nur noch Detailfragen zu klären. Der Umsatzsteuerbetrug in dreistelliger Millionenhöhe durch Händler, die auf den virtuellen Marktplätzen keine Umsatzsteuer zahlen, ist nicht akzeptabel. Kunden glauben, sie zahlen die Steuer. Dabei fließt das Geld nicht in unser Steuerkässle. Auf der anderen Seite ist das ein massiver Wettbewerbsnachteil für die Händler bei uns, die 19 Prozent Steuer abführen und dadurch teurer sein müssen. Wir sind uns jetzt soweit einig unter den Ländern, eine Haftungsregel für diese Onlineplattformen einzurichten. Auch der Bund ist mit im Boot. Wenn also der Händler nicht steuerlich registriert ist, haftet die Plattform, auf der die Waren angeboten werden.
England verlangt von Onlineplattformen eine steuerliche Registrierung ihrer Händler. Warum kann Deutschland das nicht ebenso handhaben?
Im Grunde ist unser Vorschlag eine Registrierungspflicht. Denn wenn die Händler ihre steuerliche Registrierung nicht nachweisen können, sind die Plattformen selbst in der Haftung. Und das wollen die nicht. Außerdem haben wir mit Hessen zusammen die Idee einer Quellensteuer eingebracht. Danach würde der Käufer das Geld an die Plattform überweisen. Die führt 19 Prozent Steuer ab und leitet den Rest an den Händler weiter. Bei dieser Idee sind wir aber noch nicht so weit. Die Haftungsregelung ist nun ein erster guter Schritt.
Der Doppelhaushalt 2018/2019 ist gerade mal drei Monate in Kraft, schon mehren sich konkrete Forderungen nach einem Nachtragshaushalt. Wie viel finanziellen Spielraum sehen Sie?
Erstmal sehe ich keinen. Sicherlich, wenn so ein Haushalt für zwei Jahre gilt, wird es irgendwann einen Nachtrag geben. Aber Nachträge sind keine Haushaltsberatungen, in denen nochmal viele Wünsche angemeldet werden können. Selbst wenn wir im Mai dieses Jahres eine positive Steuerschätzung haben sollten, müssen wir 90 Prozent der Überschüsse in die Schuldentilgung stecken.
Das Kultusministerium plant, Leiter kleiner Grundschulen eine Besoldungsstufe höher einzusortieren. Über einen Nachtragshaushalt wird das nicht kommen?
Das werden wir im Einzelnen sehen. Der Kultusbereich umfasst mehr als elf Milliarden Euro. Bei neuen Aufgaben muss man immer zuerst schauen, ob man sie aus dem bestehenden Etat finanzieren kann. Als Nächstes kommt die Frage: Kann das nicht warten bis zum nächsten Doppelhaushalt? Das gilt im Sinne der Haushaltskonsolidierung für alle Ministerien.
Fest steht indes, dass wegen Verhandlungen mit den Kommunen ein Nachtragshaushalt nötig wird. Ein großer finanzieller Brocken wird etwa der Pakt für gute Bildung und Betreuung sein – unter anderem, um die Schulen zu digitalisieren. Wie ist der Stand bei diesen Gesprächen?
Der Bund hatte ja mal fünf Milliarden Euro versprochen, davon sind jetzt nach den Koalitionsverhandlungen im Bund noch dreieinhalb bis 2021 geblieben. Der Bund finanziert Aufgaben meist nur an, dabei bräuchten wir das Geld jedes Jahr. Das kann man auch beim Pakt für Integration sehen. Da haben wir Geld vom Bund für 2017 und 2018 bekommen. Auch da brauchen wir Klartext, wann welche Mittel verstetigt werden.
Sie warten also auf Signale vom Bund?
Darauf warten wir schon lange. Wir Länder wünschen uns vom Bund deshalb eine bessere Ausstattung – etwa über einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer.
Was Sie sich vom Bund wünschen, wünschen sich die Kommunen vom Land. Konkret fordern etwa die Landkreise mehr Geld für die Unterbringung geduldeter Flüchtlinge. Werden Sie dem Wunsch nach 130 Millionen Euro pro Jahr entsprechen?
Die Kommunen bekommen von jedem Steuer-Euro des Landes 23 Cent. Wir können stolz sagen, dass es den Kommunen in BadenWürttemberg sehr gut geht – gerade auch im bundesweiten Vergleich. Sie haben die geringste Verschuldung, investieren viel, erzeugen Überschüsse. Wenn es neue Aufgaben gibt, wollen wir die auch gemeinsam stemmen. Bei der Unterbringung von Geduldeten ist das Innenministerium in Gesprächen mit den Kommunen.
Es gibt Forderungen, das Gehaltsgefüge im öffentlichen Dienst zu öffnen – unter anderem, um dringend benötigte Fachleute für Internettechnologie zu finden. Eine sinnvolle Idee?
Der Fachkräftemangel ist ein Riesenthema für die Unternehmen überall im Land. Und in der Verwaltung spüren wir ihn auch. Deshalb berät sich mein Amtschef gerade mit anderen Ministerien, wie wir entgegenwirken können. Wir prüfen, inwieweit wir Zulagen oder Zuschläge geben können oder wie wir konkurrenzfähig einstufen können. Wichtig dabei ist, das nicht punktuell für Berufsgruppen zu tun. Wir brauchen ein System, das für alle Verwaltungsbereiche gleichermaßen für Mangelberufe anwendbar ist.
Der Rechnungshof und nun auch der Finanzausschuss fordern, weniger Gutachten an externe Berater in Auftrag zu geben. Im Jahr 2016 belief sich das Volumen für alle Ministerien auf insgesamt 13,4 Millionen Euro. Stimmen Sie der Mahnung zu?
Mit dem Rechnungshof sind wir meistens einer Meinung. Aber manche Fragen sind rechtlich und fachlich so komplex, dass man das Wissen im Ressort nicht dauerhaft vorhalten kann. Das wäre teurer. Nehmen Sie etwa die Ausschreibung im Schienenpersonennahverkehr. Der ist komplett auf neue Füße gestellt worden, wir haben etwa den Wettbewerb massiv erhöht. Bei solchen Beispielen habe ich Verständnis, dass man sich externe Fachkenntnis holen muss. Man wird nie alles aus eigener Kraft schaffen.