Der Hase – das unbekannte Küchenwesen
An Ostern ist die Präsenz von Hasen aller Größen, Farben und Formen natürlich unvermeidlich. Kaum ein Garten, wo keine langohrigen Schokoladengestalten im Gras hocken und der aufgeregten Kinder harren, welche den Verzehr der klebrig-süßen Gesellen als das Natürlichste der Welt empfinden. Und sich niemals fragen, warum wir eigentlich so selten echte Hasen auf dem Teller haben – oder wenigstens Kaninchen, die wir der Einfachheit halber heute einmal in einen Topf werfen wollen.
Aber Obacht: Zwischen den Stallkaninchen und dem Wildkaninchen liegen geschmackliche Welten, was in erster Linie daran liegt, dass der Speisezettel hoppelnder Wildtiere komplett anders aussieht als jener in Zuchtanlagen.
Während der Feldhase in voller Pracht bis zu vier Kilo auf die Waage bringen kann, ist das Wildkaninchen mit seinen rund 2,5 Kilo deutlich zierlicher – und je nach Alter besitzt es ein helleres und zarteres Fleisch als sein Gattungskollege. Aus Notzeiten stammt außerdem noch der Begriff des „Dach-Hasen“, was nichts anderes als eine Katze meint. Der Grund, warum Kaninchen auch heute noch meistens samt Kopf verkauft werden, hat damit zu tun, dass auf diese Weise ausgeschlossen werden kann, dass es sich nicht doch um ein Exemplar namens Felis silvestris catus handelt, welches dem Kaninchen auf dem Teller nicht nur zum Verwechseln ähnlich sieht, sondern auch geschmacklich recht ähnlich sein soll. Wie dem auch sei – jedenfalls ist es bei uns in Deutschland nicht sehr gut um die sprungbereiten Wildtiere bestellt. Akut bedroht ist zwar weder die eine noch die andere Art. Dennoch gehen die Bestände von Feldhasen und Wildkaninchen laut Nabu zurück, was am Verschwinden ihrer natürlichen Lebensräume liegt. Darüber hinaus sorgt eine sehr lange Schonzeit von 1. Januar bis Mitte Oktober dafür, dass ein heimischer Hase oder ein solches Kaninchen nur sehr selten von einem Jäger erlegt wird.
Ergo haben beide meistens einen Migrationshintergrund, wenn sie denn einmal bei uns auf dem Teller landen. Der Hase kommt vorwiegend aus Argentinien, wo er mit Schrot geschossen wird, was leicht daran zu erkennen ist, dass in der Tiefkühlware gelegentlich noch Kugeln zu finden sind. Mit etwas Glück ist es auch möglich, Wildhasen aus dem Piemont oder der Toskana zu ergattern.
Und was stellt man am besten mit ihnen an? Grundsätzlich bietet sich bei Hasen und Kaninchen aus Wildbeständen das Schmoren an. Zum Kurzbraten eignet sich allenfalls der zarte Rücken – die meisten anderen Stücke drohen trocken zu werden. Aber lange geschmort mit Wurzelgemüse, Tomaten, Zwiebeln, Rotwein und Fenchelsamen entsteht eine hocharomatische Soße. Das Fleisch fällt dann nach Stunden vom Knochen und wird gezupft oder klein geschnitten wieder in die Soße gegeben. Gegessen mit Bandnudeln, ist sie ein Klassiker der norditalienischen Küche.
Zuchtkaninchen aus Massentierhaltung haben den Nachteil, dass das Fleisch kaum spezifischen Eigengeschmack entwickelt und bei einer Blindverkostung tendenziell auch als Huhn durchgeht. Alternativ bleibt natürlich noch der falsche Hase übrig, der in Sachen Artenschutz keine Probleme macht. Trocken kann aber auch der geraten, wenn man zu mageres Hackfleisch wählt – ideal ist eine Mischung aus Rind und Schwein in etwa gleichem Verhältnis.
Oder man macht es wie die Kinder, tollt durch die Gärten und tut sich an den Schokohasen gütlich, für die kein Lebewesen sterben musste. Nicht mal 'ne lila Kuh. Frohe Ostern!