Scheidung für alle
Für alle, die es noch nicht wussten: Margot Käßmann ist seit Samstag in Pension. Das kann der geneigte Leser nun mehr oder weniger bedeutsam finden. Ob sie vermisst werden wird oder nicht auch. Zweifelsfrei ist es aber so, dass eine aktuelle Einlassung der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) den Schluss nahelegt, dass die Rente – in ihrem Fall mit exakt 60 – eine ganz passable Idee sein kann.
Warum? Soeben hat sich Frau Käßmann für ein Scheidungsritual in der evangelischen Kirche ausgesprochen. Man biete „einen tollen Rahmen für herrliche Hochzeiten. Aber wo sind die Gottesdienste für diejenigen, die in Scheidung leben?“Ihre praktische Idee: Die Partner könnten die Ringe zurück auf den Altar legen.
Warum denn so zurückhaltend? Wie wäre es mit einem Scheidungswalzer? Oder noch hübscher: Die neuen Partner stehen Spalier! Auch böte sich ein gegenseitiges Reis-Bewerfen der frustrierten Kinder an. Über das Ganze legen wir statt Gottes Segen eine löchrige Patchworkdecke. Hätte nur noch gefehlt, dass Frau Käßmann vorschlägt, dass sich evangelische Pfarrer künftig nach dem Eheversprechen auf ein kerniges „Schau mer mal“beschränken. Die Kirche wäre gewiss wieder voll.
Oder noch besser: Die Pensionärin könnte ja künftig im Gotteshaus schöne Feiern für diejenigen gestalten, die sich für den Kirchenaustritt entscheiden. Es ist ja auch wirklich viel zu unpersönlich, zu Hause oder womöglich bei irgendeiner Behörde ein liebloses Formular auszufüllen. Seit Samstag hat Margot Käßmann jedenfalls sehr viel Zeit. (jos)