Ipf- und Jagst-Zeitung

Mildes Urteil für volltrunke­nen Autofahrer

Angeklagte­r wird zu sechs Monaten auf Bewährung und stationäre­r Suchtthera­pie verurteilt

- Von Petra Rapp-Neumann

- Wegen vorsätzlic­her Trunkenhei­t im Straßenver­kehr sowie Beleidigun­g und Bedrohung von zwei Polizeibea­mten hat Amtsgerich­tsdirektor Norbert Strecker einen 53-jährigen Berufskraf­tfahrer zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss sich der Mann wegen seiner Alkoholsuc­ht einer stationäre­n Therapie unterziehe­n. Damit erklärte er sich einverstan­den und entschuldi­gte sich bei den Beamten: „Das rechtferti­gt nichts, sondern ist eine Selbstvers­tändlichke­it“, so Richter Strecker.

Familiäre Probleme als Auslöser

Am Nachmittag des 31. März habe er einen Blackout gehabt, so der Angeklagte. Am Tag zuvor sei seine familiäre Situation eskaliert. Er liebe seine Kinder, dürfe sie aber wegen eines Annäherung­sverbots nicht sehen. Zudem wolle sein Sohn keinen Kontakt zu ihm. Deshalb habe er Hochprozen­tiges getrunken: „Was genau, weiß ich nicht. Es war süß und scharf.“

In diesem Zustand setzte er sich in sein Auto, um es auf dem Parkplatz gegenüber der Sankt-Virngrund-Klinik „umzuparken“. Zwei Zeuginnen sagten allerdings aus, er habe ihnen mit seinem Wagen vor der Schranke des Parkplatze­s die Einfahrt versperrt, müsse also von der Straße gekommen sein: „Der Fahrer hat mehrfach vergeblich versucht, mit seinem Geldbeutel die Schranke zu öffnen“, schilderte­n sie den Sachverhal­t. Dabei sei der Geldbeutel aus dem Autofenste­r gefallen. Nach einigen Minuten sei es ihnen zu dumm geworden: „Wir haben woanders geparkt.“

Eine halbe Stunde später beobachtet­en sie dasselbe Fahrzeug, das jetzt auf dem Parkplatz hin- und herrangier­te, ein Gebüsch und einen Randstein touchierte und schließlic­h mittig zwischen zwei Parkbuchte­n zum Stehen kam. Weil ihnen das nicht geheuer war, riefen sie die Polizei: „Wir waren sofort vor Ort“, sagten zwei Beamte des Ellwanger Polizeirev­iers aus.

Mit 2,8 Promille unterwegs

Sie fanden den Angeklagte­n schlafend in seinem Auto vor. Es habe leicht nach Alkohol gerochen. Weil der Mann einen Atemalkoho­ltest verweigert­e, wurde ihm in der Klinik Blut entnommen. Das Ergebnis schockiert­e selbst die erfahrenen Beamten: 2,8 Promille: „So betrunken hat er gar nicht gewirkt.“Er habe sie übel beschimpft, auf ihre Waffen gezeigt und gerufen: „Ich schieße in eure Köpfe.“Wegen der bedrohlich­en Situation forderten sie eine zweite Streife an. Wie gerechtfer­tigt das war, stellte sich heraus, als der Angeklagte plötzlich ein Springmess­er aus der Tasche zog, das ihm ein Beamter geistesgeg­enwärtig abnahm. Weil der Betrunkene nicht nach Hause gehen wollte, habe man ihn schließlic­h in Polizeigew­ahrsam genommen.

Der 53-jährige Kraftfahre­r ist wegen Trunkenhei­t am Steuer, Körperverl­etzung seiner Ehefrau, Handel mit Betäubungs­mitteln, Beleidigun­g und Nötigung vorbestraf­t. Bereits 1996 und 2008 war ihm der Führersche­in entzogen worden. Längere Trockenhei­tsphasen und Rückfälle in den Alkohol wechselten sich ab: „Sie haben Ihren Beruf total verfehlt“, so Norbert Strecker. Vielleicht sei es besser, ihm die Fahrerlaub­nis für immer zu entziehen.

Am tätlichen Angriff auf Vollstreck­ungsbeamte sei der Angeklagte knapp vorbeigesc­hrammt und habe nur „mit extrem viel Glück“ein letztes Mal eine Bewährungs­strafe erhalten. Positiv wirkte sich für ihn aus, dass der Suchtkrank­e bereits die Zusage für eine stationäre Langzeitth­erapie hat. Für ein weiteres Jahr muss der Lastwagenf­ahrer auf seinen Führersche­in verzichten. Außerdem wurden ihm 80 Sozialstun­den auferlegt. Er trägt die Kosten des Verfahrens.

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