Breymaier: Große Koalition nicht um jeden Preis erhalten
Beim SPD-Landesparteitag in Tuttlingen fordert der Landesvorstand die Entlassung von Innenminister Seehofer
(lsw) - Der Landesvorstand der Südwest-SPD hat am Samstag einstimmig die Entlassung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gefordert. „Regieren heißt führen. Frau Merkel ist in der Verantwortung. Wir fordern den Rücktritt von Horst Seehofer“, hieß es in einem entsprechenden Beschluss. Zusammengekommen war die Partei in Tuttlingen, um ihre Kandidaten für die Europawahl zu küren. Gewählt wurden die Vizepräsidentin des Europaparlaments Evelyne Gebhardt (Hohenlohe) und der Europaparlamentarier Peter Simon (Mannheim).
Noch vor Beginn der Versammlung diskutierte die Führungsspitze der Südwest-SPD über den Bundesinnenminister: Es sei nicht nachvollziehbar, warum Bundesverfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen von Seehofer befördert worden sei, begründete der Landesvorstand die Forderung nach dessen Rücktritt. „Frau Merkel lässt dem Innenminister einen Skandal nach dem anderen durchgehen. Er torpediert seit Monaten die Regierung“, hieß es in dem Beschluss. Die Beförderung Maaßens widerspreche jedem Rechtsempfinden und schädige massiv das Vertrauen in die Politik.
Die Vorgänge rund um Seehofer haben die Südwest-SPD schwer verärgert – man müsse die Große Koalition nicht um jeden Preis erhalten, sagte die SPD-Landesvorsitzende Leni Breymaier. Man habe sehr viel bewegt in der Bundesregierung und vieles auf den Weg gebracht, was eine Jamaika-Koalition nicht geschafft hätte. Deshalb gehöre sie auch nicht zu jenen, die die Koalition leichtfertig in Frage stellten. Aber, so Breymaier: „Um jeden Preis muss sie auch nicht erhalten bleiben und mit jeder Demütigung auch nicht.“Breymaier stellte sich hinter ihre Bundesvorsitzende Andrea Nahles. Diese habe mit ihrem Brief an Kanzlerin Angela Merkel und Innenminister Horst Seehofer gezeigt, „dass sie die Größe hat zu sagen, hey, wir haben einen Fehler gemacht“.
Den Leitantrag zu einem „Europa der Menschen“, der von Generalsekretärin Luisa Boos (Emmendingen) eingebracht wurde, nahm die Versammlung nach mehrstündiger Debatte mit nur einer Gegenstimme an. Er sieht für die EU unter anderem eine verbindliche soziale Mindestsicherung sowie eine EU-weite Arbeitslosenversicherung vor. Auch eine soziale Währungsunion, bei der ein spezieller Haushalt krisengeschüttelte Mitgliedsstaaten unterstützen kann, sowie die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zur Steuertransparenz sind enthalten. „Wir wollen ein Europa, in dem alle Bürgerinnen und Bürger, egal wo sie leben, demokratische und soziale Rechte, Bildungschancen und Zugang zu einer sozialen Absicherung haben“, sagte Boos.