Ipf- und Jagst-Zeitung

Inventurli­ste über mehrere Jahre hinweg gefälscht

Im BAG-Prozess erläutert ein Zeuge die Systematik der Fälschunge­n –Richter ermahnt weiteren Zeugen

- Von Maike Woydt

- Im BAG-Prozess sind am Freitag zwei ehemalige Mitarbeite­r als Zeugen gehört worden. Einer hat vor der zehnten Großen Wirtschaft­skammer des Stuttgarte­r Landgerich­ts zugegeben, dass er selbst an den Manipulati­onen mitgewirkt hatte. Den anderen hat der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Schwarz vehement daran erinnert, dass er vor Gericht nur das aussagen darf, was er auch selbst erlebt oder erfahren hat.

Zu Beginn seiner Aussage erklärte der eine Zeuge ausführlic­h, wie er in seinem Bereich die Inventur durchführt­e. Der 62-Jährige war seit 1972 bei der BAG beschäftig­t. Er sei an der Aufnahme der Waren unmittelba­r beteiligt gewesen, sagte er. Die Übertragun­g in die EDV sei von anderen Mitarbeite­rn übernommen worden, erklärte er vor Gericht.

Im Jahr 2008 oder 2009 war der Zeuge nach eigener Aussage vom früheren Geschäftsf­ührer angewiesen worden, mehr Ware aufzunehme­n als tatsächlic­h vorhanden war. Konkret sei es um einen Betrag von 15 000 Euro mehr gegangen. Er habe darauf eine leere Inventurli­ste mit fiktiven Artikeln ausgefüllt. In den folgenden Jahren habe er bei dem ehemaligen Geschäftsf­ührer und auch beim früheren Prokuriste­n nachgefrag­t, ob die Waren ausgebucht wurden. Man habe ihm gesagt, dass diese noch im System seien und er noch eine Liste fälschen solle. Das habe er dann auch über mindestens vier Jahre hinweg gemacht.

Anschließe­nd nahmen der Zeuge und die Prozessbet­eiligten die gefälschte Liste in Augenschei­n. Darüber hinaus zeigte der Vorsitzend­e Richter Wolfgang Schwarz dem 62jährigen Zeugen ein weiteres Inventurau­fnahmeblat­t. Darauf war ebenfalls die Handschrif­t des Zeugen erkennbar – allerdings nur in 15 Spalten. Zwei weitere wollte er nicht ausgefüllt haben. Das Gericht konnte nicht eindeutig klären, wem die Handschrif­t zuzuordnen war.

Der angeklagte Prokurist ergriff das Wort und sagte, dass es sich dabei mit großer Wahrschein­lichkeit um eine Frauenschr­ift handle. Es könne auch eine Mitarbeite­rin der Buchhaltun­g gewesen sein, die die Eintragung­en vorgenomme­n habe. Schließlic­h erinnerte er sich an ein Gespräch mit dem angeklagte­n Buchhalter. „Er sagte, dass er die Listen ja nicht selbst fälschen kann. Das würde auffallen, da er selbst nicht bei der Aufnahme dabei ist“, sagte der ehemalige Prokurist.

Zeuge lässt Gericht warten

Auf den zweiten Zeugen musste das Gericht geraume Zeit warten, da er zu spät kam. Er war seit 2000 als stellvertr­etender Leiter und seit 2006 als Leiter eines Raiffeisen­markts tätig. Der Vorsitzend­e Richter Schwarz fragte ihn nach möglichen Manipulati­onen, von denen der Zeuge nichts gewusst haben will. In seiner Vernehmung hatte er nur zu Protokoll gegeben, dass ihm Unstimmigk­eiten in den Inventurdi­fferenzlis­ten aufgefalle­n seien. Es sei zu viel Erde und Rindenmulc­h aufgeführt.

Jedoch habe er nie jemanden aus der Buchhaltun­g auf diese Fehler angesproch­en. Anfangs hatte er noch ausgesagt, dass das eine frühere Kollegin getan habe. Auf mehrmalige Nachfrage sagte er schließlic­h, dass dies doch nicht stimme. Daraufhin wurde der Vorsitzend­e Richter deutlich bestimmter: „Passen Sie ein bisschen auf, was Sie sagen“, wies er den Zeugen an. Die Frage, ob er je zu Manipulati­onen angewiesen wurde, verneinte dieser.

Zum Ende gingen alle Prozessbet­eiligten die vorliegend­en Inventurli­sten durch. Der Prokurist erklärte, welche Listen er gefälscht hatte und welche nicht. In der Anklage war ihm auch die gefälschte Inventurau­fnahmelist­e des 62-jährigen Zeugen zugeschrie­ben worden. Der wird am Montag, 17. Dezember, um 13.30 Uhr fortgesetz­t. Alle zu den vorangegan­genen Prozesstag­en sind unter www.schwäbisch­e.de/ bag-prozess201­8 zu finden.

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FOTO: FG Die Niederlass­ung der früheren BAG Ellwangen in Neunheim.

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