Inventurliste über mehrere Jahre hinweg gefälscht
Im BAG-Prozess erläutert ein Zeuge die Systematik der Fälschungen –Richter ermahnt weiteren Zeugen
- Im BAG-Prozess sind am Freitag zwei ehemalige Mitarbeiter als Zeugen gehört worden. Einer hat vor der zehnten Großen Wirtschaftskammer des Stuttgarter Landgerichts zugegeben, dass er selbst an den Manipulationen mitgewirkt hatte. Den anderen hat der Vorsitzende Richter Wolfgang Schwarz vehement daran erinnert, dass er vor Gericht nur das aussagen darf, was er auch selbst erlebt oder erfahren hat.
Zu Beginn seiner Aussage erklärte der eine Zeuge ausführlich, wie er in seinem Bereich die Inventur durchführte. Der 62-Jährige war seit 1972 bei der BAG beschäftigt. Er sei an der Aufnahme der Waren unmittelbar beteiligt gewesen, sagte er. Die Übertragung in die EDV sei von anderen Mitarbeitern übernommen worden, erklärte er vor Gericht.
Im Jahr 2008 oder 2009 war der Zeuge nach eigener Aussage vom früheren Geschäftsführer angewiesen worden, mehr Ware aufzunehmen als tatsächlich vorhanden war. Konkret sei es um einen Betrag von 15 000 Euro mehr gegangen. Er habe darauf eine leere Inventurliste mit fiktiven Artikeln ausgefüllt. In den folgenden Jahren habe er bei dem ehemaligen Geschäftsführer und auch beim früheren Prokuristen nachgefragt, ob die Waren ausgebucht wurden. Man habe ihm gesagt, dass diese noch im System seien und er noch eine Liste fälschen solle. Das habe er dann auch über mindestens vier Jahre hinweg gemacht.
Anschließend nahmen der Zeuge und die Prozessbeteiligten die gefälschte Liste in Augenschein. Darüber hinaus zeigte der Vorsitzende Richter Wolfgang Schwarz dem 62jährigen Zeugen ein weiteres Inventuraufnahmeblatt. Darauf war ebenfalls die Handschrift des Zeugen erkennbar – allerdings nur in 15 Spalten. Zwei weitere wollte er nicht ausgefüllt haben. Das Gericht konnte nicht eindeutig klären, wem die Handschrift zuzuordnen war.
Der angeklagte Prokurist ergriff das Wort und sagte, dass es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Frauenschrift handle. Es könne auch eine Mitarbeiterin der Buchhaltung gewesen sein, die die Eintragungen vorgenommen habe. Schließlich erinnerte er sich an ein Gespräch mit dem angeklagten Buchhalter. „Er sagte, dass er die Listen ja nicht selbst fälschen kann. Das würde auffallen, da er selbst nicht bei der Aufnahme dabei ist“, sagte der ehemalige Prokurist.
Zeuge lässt Gericht warten
Auf den zweiten Zeugen musste das Gericht geraume Zeit warten, da er zu spät kam. Er war seit 2000 als stellvertretender Leiter und seit 2006 als Leiter eines Raiffeisenmarkts tätig. Der Vorsitzende Richter Schwarz fragte ihn nach möglichen Manipulationen, von denen der Zeuge nichts gewusst haben will. In seiner Vernehmung hatte er nur zu Protokoll gegeben, dass ihm Unstimmigkeiten in den Inventurdifferenzlisten aufgefallen seien. Es sei zu viel Erde und Rindenmulch aufgeführt.
Jedoch habe er nie jemanden aus der Buchhaltung auf diese Fehler angesprochen. Anfangs hatte er noch ausgesagt, dass das eine frühere Kollegin getan habe. Auf mehrmalige Nachfrage sagte er schließlich, dass dies doch nicht stimme. Daraufhin wurde der Vorsitzende Richter deutlich bestimmter: „Passen Sie ein bisschen auf, was Sie sagen“, wies er den Zeugen an. Die Frage, ob er je zu Manipulationen angewiesen wurde, verneinte dieser.
Zum Ende gingen alle Prozessbeteiligten die vorliegenden Inventurlisten durch. Der Prokurist erklärte, welche Listen er gefälscht hatte und welche nicht. In der Anklage war ihm auch die gefälschte Inventuraufnahmeliste des 62-jährigen Zeugen zugeschrieben worden. Der wird am Montag, 17. Dezember, um 13.30 Uhr fortgesetzt. Alle zu den vorangegangenen Prozesstagen sind unter www.schwäbische.de/ bag-prozess2018 zu finden.