Terror als „Mitmachereignis für jedermann“
Die Anhänger des IS feiern den Anschlag von Straßburg als „Belohnung für die Geduldigen“
- Schon lange hatten die Anhänger des sogenannten Islamischen Staates (IS) keinen Grund „zum Feiern mehr“. Der Terroranschlag von Straßburg gab ihnen „die Gelegenheit dazu“, berichtet die für die Auswertung dschihadistischer Propaganda spezialisierte SITE Intelligence Group. Sie geht davon aus, dass der IS früher oder später die Verantwortung für den Angriff in Frankreich übernehmen wird.
Für Terrorismusexperten war der Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt keine Überraschung. Bereits im August hatte der tot geglaubte IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi seine Kämpfer in einer inzwischen als authentisch eingestuften Audiobotschaft zur Fortsetzung ihres „Heiligen Kriegs“aufgefordert und die lange Zeit der Niederlagen als eine Art „Reifeprüfung Gottes bezeichnet“.
„Reichlich belohnt“, suggerierte er in seiner 60-minütigen Botschaft, würden letztendlich nur die „Geduldigen und Rechtschaffenden“. Sie waren von al-Baghdadi abermals aufgefordert worden, „als einsame Wölfe in den Ländern der Kreuzfahrer ihre (dort lebenden) Brüder zu unterstützen“. „Eine Patrone, ein Messerstich oder eine Bombe ist mehr wert als tausend Operationen“(im Nahen Osten), hetzte der Terrorchef, der bei seinen Anhängern offenbar noch immer Gehör findet. Anfang Dezember wurde die Propaganda-Abteilung des IS dann konkreter. Sie erneuerte über ihre Social-MediaKanäle den Terroraufruf von alBaghdadi, auf den die USA ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar ausgesetzt hat. Zudem wurde erstmals ein „Weihnachtsmann“ins Spiel gebracht, der mit rotem Mantel und Rauschebart vor einem schwarzvermummten IS-Henker niederkniet. „Wir sind hungrig auf euer Blut“, lautet die explizite Botschaft an die „Ungläubigen“, für die die Weihnachtstage in eine „Zeit des Fürchtens“verwandelt werden müssten.
Eine „Kränkungsideologie“
Das scheint der Terrororganisation nun gelungen zu sein. Der Anschlag von Straßburg markiert zwar keine „Wiederauferstehung“. Ob die Attentäter „Überzeugungstäter seien, spiele für die in Syrien ausharrende Führung des IS aber längst keine Rolle mehr“, glaubt der deutsche Politikwissenschaftler Florian Hartleb. Selbst der geschwächte „Islamische Staat“habe keine Schwierigkeiten, per Internet den „Terror als Mitmachereignis für jedermann“zu verordnen; dies vor allem für Menschen aus arabischen Ländern, „die ihrem verpfuschten Leben in den westlichen Gesellschaften wieder einen Sinn geben wollten“. Ihre Motivation seien falscher Ehrgeiz, Frust und Radikalisierung, woraus eine „persönliche Kränkungsideologie“entstehe.