US-Rückzug aus Syrien entsetzt Verbündete
Nur Putin lobt Trump – US-Verteidigungsminister Mattis zieht sich im Februar zurück
(AFP/dpa) - Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben nach dem von USPräsident Donald Trump angekündigten Truppenabzug aus Syrien vor einem Rückschlag im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat (IS) gewarnt. Sie verwiesen am Donnerstag auf die anhaltende Bedrohung durch die Terrormiliz. Während die Verbündeten, auch die Vertreter der syrischen Opposition, entsetzt wirkten, erhielt Trump Lob von Russlands Präsident Wladimir Putin, der Syriens Machthaber Baschar alAssad militärisch unterstützt.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) warnte vor der „Gefahr, dass diese Entscheidung dem Kampf gegen den IS schadet“. Der IS sei zwar zurückgedrängt, aber die Bedrohung noch da. Maas sagte weiter: „Nicht nur für uns kommt der abrupte Kurswechsel der amerikanischen Seite überraschend.“Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte mit Blick auf die Aushandlung einer Nachkriegsordnung für Syrien, die Gewichte würden sich „zugunsten des Diktators“Assad verschieben. Trump verteidigte am Donnerstag seine Entscheidung und erklärte, dass die USA nicht „der Polizist des Nahen Ostens“seien.
Viele Beobachter sehen den USRückzug besonders als Verrat an den kurdischen Kämpfern innerhalb der syrischen Oppositionskräfte, die über Jahre den harten Kampf am Boden gegen die Regierungstruppen Assads und den IS führten. Das USAußenministerium hatte sie mehrmals als eine der wenigen verlässlichen Kräfte in der Region bezeichnet. Der Rückzug könnte nach Meinung von Experten nun die Tore für die Türkei öffnen, gegen die von Ankara als Terroristen angesehenen kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) vorzugehen.
Russlands Präsident Putin bezeichnete Trumps Schritt in Moskau bei seiner Jahrespressekonferenz als „richtig“. Zuvor hatte er die USA jedoch in anderem Zusammenhang ermahnt. Er warnte vor der wachsenden Gefahr eines Atomkriegs. Sollte so etwas passieren, „kann das zur Vernichtung der ganzen Zivilisation führen“. Die Verantwortung sah er bei den USA, die Rüstungskontrollverträge gekündigt hätten. Russland wolle nun lediglich die Balance halten.
- Die Nachricht über den Abzug der amerikanischen Truppen aus Syrien wird die Kurden vor Ort wohl wie ein Schlag getroffen haben. Davon ist Professor Günter Meyer (Foto: pr), Leiter des Zentrums für Forschung zur Arabischen Welt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, überzeugt. Im Gespräch mit Selina Ehrenfeld ordnet der Experte die Situation der Kurden in Syrien und Irak ein.
Welche Auswirkungen hat der Abzug der amerikanischen Truppen auf die Kurden in Syrien?
Der Abzug hat erhebliche Konsequenzen für die Situation in Syrien und ist ein absoluter Schock für die Kurden. Sie haben voll auf die Zusage Trumps gesetzt, dass die US-Truppen in der Region bleiben und sie unterstützen werden. Erdogan droht jetzt mit einer direkten militärischen Konfrontation. Um die türkische Besetzung einer Pufferzone entlang der Grenze in Nordostsyrien zu verhindern, bleibt den Kurden keine andere Wahl als sich mit Assad zu arrangieren und gemeinsam mit den syrischen Regierungstruppen die angedrohte türkische Invasion abzuwehren.
Wie steht der syrische Präsident Assad zu den Kurden?
Um die Einheit des syrischen Staates wiederherzustellen, setzt Assad alles daran, das Kurdengebiet, das etwa ein Drittel des Landes ausmacht, erneut unter seine Kontrolle zu bringen. Ohne Unterstützung der US-Truppen und angesichts der türkischen Bedrohung sind die Kurden in einer so geschwächten Verhandlungsposition, dass sie kaum die Möglichkeit haben werden, ihre Forderung nach einer Autonomie der syrischen Kurdengebiete durchzusetzen.
Welche Auswirkungen hat der Abzug auf die Kurden im Irak?
Die US-Truppen bleiben weiter im Irak stationiert. Deshalb ändert sich dort die Lage nicht. Die irakischen Kurden kooperieren ohnehin mit Erdogan. Noch vor eine Woche gab es sogar Pläne, dass die Peschmerga, die Truppen der irakischen Kurden, anstelle des türkischen Militärs die Kontrolle in der Pufferzone übernehmen sollten. Dies wurde jedoch von den syrischen Kurden abgelehnt.
Was passiert mit den Jesiden im Irak und den Christen dort?
Für die Jesiden und Christen im Nordirak ändert sich durch die jüngste Entwicklung in Syrien gar nichts. Die US-Truppen bleiben weiter im Irak stationiert, ohne dabei direkten Einfluss auf das Vorgehen der schiitischen „Volksmilizen“gegenüber den Jesiden Einfluss zu nehmen.