Drei Hundertstelsekunden fehlen zum ganz großen Geschenk
Am Tag vor Heiligabend beweisen die Nordischen Kombinierer ihre Loipenqualitäten, der Norweger Graabak aber hält erfolgreich dagegen
(SID/dpa) - Johannes Rydzek fluchte kurz, Fabian Rießle schaute etwas ratlos drein: Ausgerechnet der alte Erzrivale Jörgen Graabak hat den deutschen Kombinierern den ersten Einzelsieg im Weltcup-Winter vor der Nase weggeschnappt und damit das perfekte Weihnachtspräsent für Bundestrainer Hermann Weinbuch verdorben. Im letzten Weltcup-Rennen des Jahres spielte der Norweger seine ganze Cleverness aus und setzte sich im Zielsprint vor den beiden Pyeongchang-Olympiasiegern durch. „Ach, natürlich ärgert man sich da im ersten Moment“, sagte Rekordweltmeister Rydzek, konnte sich aber schnell mit seiner besten Saisonplatzierung anfreunden: „Ich bin superhappy. Jetzt freue ich mich auf das Fest. Weihnachten zu genießen, heißt, mal nicht an den Sport zu denken. Es gibt Wild aus dem Allgäuer Wald, dazu ein gutes Bier.“
Um 0,3 Sekunden musste sich Rydzek in einem knüppelharten Finale Sotschi-Doppelolympiasieger Graabak geschlagen geben, Rießle lag eine Sekunde hinter dem Norweger. Dabei hatten die beiden Deutschen die bessere Ausgangsposition, waren in Führung liegend in die letzte Kurve eingebogen. „Nach ganz vorne hat kaum mehr als eine Viertelsekunde gefehlt, da muss man jetzt nicht groß diskutieren, was man besser machen kann“, sagte Rydzek. Rießle, bereits am Samstag Dritter vor Rydzek, meinte: „Es wäre falsch zu sagen, ich wäre mit Platz drei unzufrieden. Ich hätte aber gerne noch ein wenig weiter oben gestanden, am Schluss hat aber das Gas gefehlt.“
Vinzenz Geiger als Fünfter und Terence Weber als Siebter sorgten für ein starkes deutsches Mannschaftsergebnis. Der fünfmalige Gesamtweltcupsieger Eric Frenzel kam nach einem schwachen Springen nicht über Platz 18 hinaus. „Insgesamt bin ich sehr zufrieden, wir waren mannschaftlich geschlossen“, sagte Weinbuch. „Ich meine, dass Graabak einen schnelleren Ski gehabt hat, hätte mir aber heute schon einen Sieg gewünscht.“Zuletzt waren die deutschen Kombinierer in der Saison 2012/13 bis zum Jahreswechsel ohne Einzelsieg geblieben, gewannen dann aber von den 13 Rennen bis Saisonende neun.
Für große Aufregung hatte am Sonntag ein völlig verunglückter Sprung des Weltcup-Führenden Jarl Magnus Riiber (Norwegen) gesorgt, der tags zuvor noch seinen vierten Sieg in Folge gefeiert hatte. Unmittelbar bevor Riiber als letzter Starter springen sollte, waren große Teile der Anlaufspur weggebrochen. Nach notdürftigen Ausbesserungsarbeiten wurde der beste Springer der Kombinierer die Schanze herabgelassen, vermied knapp einen Sturz und kam nur auf Platz 43. Es folgten heftige Proteste der Norweger, die aber letztlich wirkungslos blieben. Zum Laufen trat Riiber nicht mehr an. „Die Norweger haben alles versucht, ihn noch einmal springen zu lassen. Aber im Endeffekt hat die Jury alles richtig gemacht“, sagte Weinbuch.
Am Samstag war Fabian Rießle nach seinem kurzen Ausflug zu den Langläufern mit seiner zweiten Podestplatzierung im WM-Winter zu seiner Stammdisziplin zurückgekehrt. Während er und Mitausflügler Rydzek beim Sprint von Davos gegen die Langlauf-Asse noch chancenlos gewesen waren, bewiesen die beiden in Ramsau, dass sie zu den laufstärksten Kombinierern gehören. Rießle stürmte noch von Platz zehn nach vorne, hatte im Zielspurt knapp die Nase vor Rydzek. Dieser durfte froh sein, überhaupt in Podestnähe gekommen zu sein – seine vorübergehende Disqualifikation im Springen wegen eines nicht regelkonformen Anzugs blieb folgenlos: Der Sprungdurchgang wurde wegen heftiger Winde abgebrochen und nicht gewertet.