Der Neandertaler hat ausgedient
Vor vier Tagen gab Bayer Leverkusens Manager dem SkyReporter ein denkwürdiges Interview, das wir heute aus gegebenem Anlass rezitieren wollen.
Völler: Völler: Rudi Völler Marcus Lindemann Reporter:
Können Sie, Stand heute, sagen, dass Heiko Herrlich am 18. Spieltag Trainer von Bayer 04 Leverkusen sein wird? – Können Sie mir sagen, dass Sie im nächsten Jahr noch Field-Reporter sind bei Sky? Ganz sicher? Zu 100 Prozent? –
Wenn die Gesundheit es zulässt, in jedem Fall. Kann ich Ihnen zu 100 Prozent sagen. – Weiß ich nicht. Sind Sie sich sicher? – Wissen Sie mehr? – nicht. Das ist Spekulation. – Aber was ist mit Heiko Herrlich? –
Ich habe das gerade mit einer Gegenfrage beantwortet. – Aber beantworten wollen Sie diese Frage nicht. – Sie können sie ja auch nicht beantworten. – Doch. Ich habe ja gesagt: Ich bin dabei. – Sind Sie sicher? Sie entscheiden das doch gar nicht. – Ich gehe davon aus, dass ich dabei bin. – Ach so, Sie gehen davon aus. – Gehen Sie davon aus, dass Heiko Herrlich dabei ist? – Gehen Sie davon aus, dass Sie noch FieldReporter sind nächstes Jahr?
Völler: Reporter: Völler: Völler: Völler: Reporter:
Reporter: Völler:
Reporter:
Weiß ich
Reporter: Reporter: Reporter: Völler:
Völler und Lindemann diskutierten im noch ein wenig weiter, dann trennten sie sich, selbst ein Bezahlsender hat ja irgendwann Redaktionsschluss. Am Sonntag beendete Völler dann das Schauspiel: Bayer habe sich von getrennt, sagte der Ex-Bundestrainer – und die Bundesliga, die sich im Herbst wochenlang über kurz zuvor noch dementierte Entlassung von beim VfB Stuttgart, echauffierte, hat damit auch an Weihnachten ein schönes Reizthema. Warum in Gottes Namen entlässt man einen Trainer einen Tag vor Heiligabend und dann auch noch nach zwei Siegen in Folge, einem 2:1 auf Schalke und einem 3:1 gegen Berlin? Warum kann man es, wenn man davon überzeugt ist, nicht früher tun – etwa Ende Oktober, als die Leverkusener, die mit vier Pflichtspielniederlagen in die Runde gestartet waren, 2:3 in Zürich
Loriot-Stil Heiko Herrlich Michael Reschkes Tayfun Korkut
verloren? Das sind die Fragen, eine Antwort darauf von Völler gab es nicht – nur den Grund für die Entlassung an sich. Der liege in der „Stagnation in der Entwicklung des Teams. Auch wenn wir zum Jahresende hin wieder den Anschluss an die internationalen Plätze hergestellt haben, befinden wir uns nach der insgesamt nicht befriedigenden Halbserie in einer Situation, die einen Trainerwechsel aus unserer Sicht notwendig macht“, sagte der Geschäftsführer.
Tatsächlich gibt es Experten, die Leverkusen dank seiner hochtalentierten Spieler zumindest auf Rang drei der Liga einstufen, würde das Team von einem Toptrainer betreut. Herrlich glückte das nicht: Im Vorjahr verpasste er als Fünfter die Qualifikation für die Champions League. Die war auch diesmal das Ziel, als Neunter trennen Bayer allerdings sieben Punkte von Rang vier. Fazit: Herrlich hat die Chance verpasst. Aber eine Entlassung nach zwei Siegen? Bereits vor zehn Tagen hatte der Kicker von Leverkusens Interesse an berichtet, den Bayer am Sonntag zum Nachfolger bestellte. Klingt, als habe man da einen Mann vorführen wollen.
Jürgen Klopp Peter Bosz
Jedenfalls kann Bosz, der einen Vertrag bis 2020 unterschrieb, nun beweisen, dass er eben jener Spitzencoach vom Rang eines oder
sein kann. Bereits vor 18 Monaten wollte Bayer den Holländer, der zuvor mit den jungen Wilden von Ajax Amsterdam für Furore gesorgt hatte, verpflichten, doch der BVB war schneller. Dort waren sie nach 19 Punkten in sieben Spielen sehr begeistert von dem 55-Jährigen, ehe sich das Bosz-System der alternativlosen Offensive ebenso rasant wieder abnutzte. Am 10. Dezember 2017 musste Bosz gehen, seither war er ohne Job. Sportdirektor setzt auf den „offensiven, temporeichen und begeisternden Fußball“, den Bosz spielen lasse: „Insbesondere mit Ajax hat er bewiesen, dass er junge Spieler verbessern, Mannschaften formen und auch international etablieren kann.“
Lucien Favre Simon Rolfes
Herrlich hatte seine Entlassung übrigens geahnt. Am Freitag hatte er gesagt: „Ein Neandertaler geht morgens raus aus der Höhle zum Jagen und blendet alle Gefahren und Unwägbarkeiten aus. Sonst könnte er nicht rausgehen. Ähnlich ist es für einen Trainer.“Nur hatten die Neandertaler natürlich wesentlich weniger im Hirn.