Schläge wie Kanonenschläge
Sankt Petersburg lässt Friedrichshafen in der Volleyball-Champions-League keine Chance
- Wenn ein Trainer in der Volleyball-ChampionsLeague einen Videobeweis einfordert, wird die strittige Szene nach Ansicht der Bilder und der endgültigen Entscheidung der Schiedsrichter auf den Großbildleinwänden in der Halle auch den Zuschauern gezeigt. Transparenter – und eindeutiger – geht es nicht.
Für Vital Heynen, den Trainer des VfB Friedrichshafen, waren am Mittwoch beim 0:3 (17:25, 20:25, 31:33) im dritten Gruppenspiel der Champions League gegen Zenit Sankt Petersburg aber auch die Videobilder nicht Beweis genug. Als die Schiedsrichter im zweiten Satz beim Stand von 18:20 definitiv auf eine Netzberührung des Häflers Philipp Collin und somit auf Punkt für die Russen entschieden, diskutierte Heynen einfach weiter. Immer wieder zeigte er schimpfend auf die Leinwand, wo in Dauerschleife zu sehen war, wie sein Spieler mit seinem Ellenbogen leicht die Netzkante berührte. Heynen kassierte schließlich für das nicht endende Meckern Gelb, auch nach dem Spiel blieb er dabei, dass in der Szene kein eindeutiger Netzfehler zu sehen gewesen sei, das Netz habe sich schließlich nicht bewegt – wenig später hatte Sankt Petersburg auch diesen bis dahin recht ausgeglichenen Satz mit 25:20 gewonnen.
Das am Ende klare 0:3 war das erwartbare Ergebnis gewesen. Angesichts der Personalnot beim VfB – fünf Spieler waren verletzt oder merklich angeschlagen, Libero musste etwa nach dem Ausfall des Kapitäns Markus Steuerwald (Schulterblessur) erneut ein Außenangreifer spielen: David Sossenheimer, der wegen einer Knöchelblessur selbst momentan kein Bewegungswunder ist. Aber eben auch angesichts der Stärke der gegnerischen Spieler – bei denen man zudem von Beginn an den Eindruck hatte, dass sie nur taten, was sie unbedingt mussten. „Das war für uns ein einfaches Spiel, weil der VfB uns nicht so unter Druck gesetzt hat“, sagte etwa Sankt Petersburgs überragender Angreifer Oreol Camejo.
„Der VfB spielt ordentlich, aber seine Mittel sind begrenzt“, stellte auch Angreifer Lukas Divis fest. Was früher anders gewesen sei; als er 2007 am Bodensee spielte, gewann der VfB immerhin zum einzigen Mal die Champions League. Dazu wird es diese Saison eher nicht kommen. Wenn Georg Grozer, Deutschland bester Volleyballer, von 2008 bis 2010 in Friedrichshafen und seit Jahren in Russland aktiv, oder Camejo am Ball waren, meinte man, sie würden eine andere Sportart betreiben als die übrigen Spieler: So hoch standen die zwei Petersburger Superstars bei Angriffen beinahe in der Luft, so viel Kraft, so große Wucht steckten sie in ihre Schläge. Wie Naturkatastrophen schossen diese Bälle so immer wieder in das Feld der Häfler. Irgendwann raunte das Publikum nur noch, wenn ein VfB-Spieler doch mal einen dieser Kanonenschläge annehmen konnte.
Der erste Satz endete so recht kurz und schmerzlos 17:25 aus Sicht der Friedrichshafener. Der zweite verlief etwas ausgeglichener – und wer weiß, ob Vital Heynens Wutanfall förderlich war für die Häfler. Dass der Großteil der 1896 Zuschauer in der ZF-Arena am Ende einigermaßen zufrieden nach Hause gegangen sein dürfte, lag daran, dass jeder Satz im Volleyball seine eigene Geschichte erzählt. Und die Geschichte des dritten Satzes war aus Häfler Sicht eine sehr leidenschaftliche und kämpferische. Erst wehrten die Gastgeber vier Matchbälle ab, dann versuchten sie mit aller Macht, den Satz zu gewinnen. Erst bei 31:33 mussten sie sich schließlich geschlagen geben.