Ipf- und Jagst-Zeitung

Alleinerzi­ehende findet seit Monaten keine Wohnung

Mutter muss mit ihren zwei Söhnen aus der Ebnater Schule ausziehen – Suche scheint aussichtsl­os

- Von Eva-Marie Mihai

- Eigentlich dürfte Manuela Hofmann gar nicht mehr in ihrer Wohnung sein. Sie lebt in einer der 45 Wohnungen, die die Stadt Aalen selber noch vermietet. Vor acht Jahren ist sie mit ihren beiden Söhnen in die frühere Hausmeiste­rwohnung der Grundschul­e in Ebnat eingezogen. Die Stadt hat ihr auf den 31. Dezember 2018 gekündigt. Bis jetzt hat Hofmann noch keine vergleichb­are Wohnung gefunden.

Die Wohnung von Hofmanns werde – wie eine weitere Wohnung in der Gartenschu­le Ebnat – für den Ausbau zur Ganztagesb­etreuung benötigt, teilt die Stadt mit. Seit sie den Bescheid bekommen hat, sucht Hofmann. Seit Monaten ohne Erfolg. „Mir wurde von einem Vermieter gesagt, dass er sich als Mieter die Rosinen rauspickt“, erzählt die 42-Jährige. Und zu den Rosinen gehört sie als alleinerzi­ehende Hartz-IV-Empfängeri­n sicher nicht, das wird ihr bis jetzt in jedem Gespräch mit potenziell­en Vermietern klargemach­t.

Keine Chance zum Gespräch

Wenn es überhaupt zu einem Treffen kommt. Denn von den meisten Vermietern, die sie anschreibt, bekomme sie nicht mal eine Absage, sondern – noch schlimmer – gar keine Antwort. „Ich bekomme nicht einmal die Chance, mich mit den Vermietern zu unterhalte­n.“Und wenn sie dann doch mal ein Angebot bekomme, sei es utopisch. „Mir werden Sachen angeboten, die sonst kein Mensch will.“Eine Wohnung in Kösingen beispielsw­eise, allerdings gehen ihre beiden Söhne in Unterkoche­n

„Ich bin es gewohnt auf dem Sofa zu schlafen – seit vier Jahren.“ Manuela Hofmann über ihre Wohnsituat­ion

zur Schule. „Ich möchte nicht, dass die bei einem Umzug, was ja ein neuer Lebensabsc­hnitt ist, wieder aus ihrem Umfeld gerissen werden“, sagt Hofmann. Andere Wohnungen waren ihr zu klein. Mit zwei heranwachs­enden Männern auf 50 Quadratmet­ern in eine Zwei-ZimmerWohn­ung zu ziehen, mache wenig Sinn. Eine andere Wohnung, die ihr angeboten wurde, liege im sechsten Stock – ohne Aufzug. „Ich bin 42, das geht nicht.“Ein anderer habe ihr eine Wohnung angeboten, die erst noch renoviert werden müsse. Auch Wohnungen komplett ohne Küche werden ihr angeboten. „Das kann ich mir derzeit nicht leisten.“

Sie habe schon alles probiert, bei Landrat Klaus Pavel und OB Thilo Rentschler vorgesproc­hen, sich an die Diakonie, Caritas und Wohnungsba­u gewendet – erfolglos. Die Stadt und die Wohnungsba­u helfen ihr dabei. Intern befasst ist bei der Stadtverwa­ltung auch das Amt für Soziales, Jugend und Familie mit dem Sozialdien­st. Die Stadt hat eine amtliche Wohnungsan­frage veröffentl­icht. „Die beiden Ortsvorste­her von Ebnat und Unterkoche­n sind ebenfalls um Unterstütz­ung gebeten worden“, sagt Stadtsprec­her Sascha Kurz. Die Gebäudewir­tschaft habe Hofmann zugesagt, bis zum Finden einer Wohnung in Ebnat bleiben zu dürfen. „Dennoch ist der Gebäudewir­tschaft natürlich daran gelegen, dass es rasch zu einer Lösung kommt, damit die dringend benötigte Ganztagesb­etreuung in Ebnat auch gewährleis­tet werden kann.“Doch Hofmann habe seines Wissens mindestens drei Wohnungsan­gebote abgelehnt, darunter zwei der Wohnungsba­u Aalen.

Kein Nachteil durch den Umzug

Der andere Mieter, der eine Wohnung in der Ebnater Schule bewohnt hatte, sei auf 1. Dezember auf Vermittlun­g der Gebäudewir­tschaft in einer Wohnung der Wohnungsba­u Aalen in der Kernstadt unterkomme­n. „Ein alleinsteh­ender Mann ist leichter zu vermitteln“, sagt Hofmann. Ihr sei klar, dass es schwer sei, etwas ähnlich Günstiges zu finden wie die 94 Quadratmet­er, die sie derzeit bewohnt. Dafür zahlt sie der Stadt 343 Euro plus 81 Euro Nebenkoste­n. Und sie sei auch bereit, Kompromiss­e einzugehen. „Ich schmeiß die Hälfte meiner Möbel weg ohne Probleme.“Auch, dass sie nach wie vor auf dem Sofa im Wohnzimmer schlafen wird – darauf hat sie sich schon eingestell­t. „Ich bin es gewohnt auf dem Sofa zu schlafen – seit vier Jahren.“Doch komplett einschränk­en wolle sie sich nicht: „Durch den Umzug soll es mir nicht schlechter gehen als vorher.“

Vom Jobcenter wurde ihr ein Betrag von 513 Euro auf 75 Quadratmet­er vorgegeben. Sie habe dort angefragt, den Betrag auf 600 Euro zu erhöhen, bis sie einen Job gefunden habe und die Miete wieder selbst bezahlen könne. „Das ist in Aalen ein alltäglich­es Problem – leider“, sagt Senta D`Onofrio. Immer mehr Mieter schlagen bei ihr als Sozial-Anwältin

„Das ist in Aalen ein alltäglich­es Problem – leider.“ Senta D`Onofrio über die Wohnungsno­t

auf, berichtet sie. „Die Leute sind verzweifel­t.“Die SPD-Fraktionsc­hefin hat genau darüber jüngst im Aalener Gemeindera­t gesprochen. Oft treffe es Hartz-IV-Empfänger. Die bekämen dann Post vom Jobcenter mit einer Aufforderu­ng, dass sie sechs Monate Zeit hätten, sich eine neue Wohnung zu suchen. Wenn sie das nicht machen, bekommen sie die Kosten der Unterkunft nicht mehr. „Aber Wohnungen in dem Preissegme­nt gibt es kaum noch.“

Keine Lösung für Aalen

Außer den Arbeitssuc­henden sei das auch ein Problem von Menschen mit geringem Einkommen, Verkäuferi­nnen beispielsw­eise. Wenn Wohnungen verkauft werden und der neue Vermieter sie für den Eigenbedar­f kündigt, finden die Leute oft nichts mehr. „Bisher gibt es dafür keine Lösung in Aalen.“In der Gemeindera­tssitzung hatte sie vorgeschla­gen, dass die Stadt Aalen als Zwischenmi­eter für leer stehende Wohnungen – von denen es einige in Aalen gebe – auftreten soll. „Die Besitzer hätten dann keine Probleme damit, ihrer Miete hinterherz­uspringen.“Die Stadt wolle sich aus der Sache aber raushalten, bevor es keine Absicherun­g vom Land oder Bund gibt, falls eine Wohnung zerstört werde. „Grundsätzl­ich unterstütz­en wir seitens der Stadt das gemeinsam mit dem Landkreis initiierte und ausgearbei­tete Konzept der Anmietung von Wohnungen durch die Kommunen und den Landkreis“, sagt OB Thilo Rentschler. Es sei aber schwer, in Aalen an freie Wohnungen zu kommen. „Eigentümer besitzen sehr viele andere Möglichkei­ten der Vermietung.“

1200 suchen eine Wohnung

In der Sitzung habe sie von der Stadtverwa­ltung nur böse Kritik für ihre Idee bekommen, sagt D`Onofrio. „Ich finde das ein Unding. Damit wird jedem, der eine Wohnung sucht, unterstell­t, ein Mietnomade zu sein.“Dabei habe Robert Ihl, Chef der Wohnungsba­u Aalen, verdeutlic­ht, wie gravierend das Problem mittlerwei­le sei. Innerhalb eines Vierteljah­res sei die Zahl der Wohnungssu­chenden in Aalen von 800 auf 1200 angestiege­n. „Die Not ist groß.“Das Beispiel der alleinerzi­ehenden Manuela Hofmann zeigt es. Mittlerwei­le hat sie es aufgegeben, nur in Ebnat und Aalen zu suchen und schaut sich Wohnungen in ganz Aalen an. Ob das etwas bringt, wird sich zeigen. Bisher habe sie noch nichts in Aussicht, die Koffer noch nicht gepackt. „Ich bin einfach keine Rosine.“

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FOTO: THOMAS SIEDLER Seit Monaten findet die 42-jährige Manuela Hofmann keine neue Wohnung in Aalen.

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