Überraschende Sensationen
Landwirte und Journalisten haben eine Menge gemeinsam. So wie die Bauern nicht einfach nur Nahrung produzieren, sondern auch Landschaftspflege betreiben sollen, können wir Pressefuzzis uns nicht ausschließlich auf die Verbreitung von Informationen verlegen. Wir müssen uns auch der Sprachpflege widmen, vielleicht war sie nie wichtiger als in Zeiten des sozialen Gestammels.
Auch das eigene Glashaus will auf Bruchsicherheit überprüft werden. Fangen wir in der Sportredaktion an, wo eine lange Tradition vom Bombenschuss direkt zur Pokalsensation führt. Jedes Jahr aufs Neue werden wir traktiert mit angeblichen „Überraschungen“. Für Nichtfußballkundige: Zum Wesen dieses unergründlichen Sports gehört es, dass eine Mannschaft individuell schwächer besetzt und sogar klar unterlegen sein, das Spiel aber trotzdem gewinnen kann. Es ist deshalb die Regel und nicht die Ausnahme, dass immer wieder mal Bundesligisten gegen unterklassige, hochmotivierte Teams aus dem Pokalwettbewerb fliegen. Deshalb zum Mitschreiben: Eine echte Überraschung wäre es, wenn plötzlich der Chef ankäme und sagte: „Herr Mustermann, es ist mir aufgefallen, dass Sie gute Arbeit abliefern. Was halten Sie denn von 200 Euro Gehaltserhöhung?“Und sollte Steffi Graf ihre Scheidung von Andre Agassi verkünden und als neuen Partner Franck „Goldsteak“Ribéry präsentieren: Das wäre dann eine Sensation. Etwas, was jedes Jahr mit schöner Regelmäßigkeit passiert, können wir dagegen beim besten Willen nicht als Überraschung durchgehen lassen, von Sensation ganz zu schweigen. (hü) untermstrich@schwaebische.de