Angriff auf die Datenkrake
Kartellamt setzt Facebook neue Grenzen – Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung
- Das Bundeskartellamt macht Ernst: Das soziale Netzwerk Facebook missbrauche mit der Sammlung von Daten, die das Unternehmen von anderen Webseiten oder von zum Konzern gehördenden Plattformen bezieht, seine marktbeherrschende Stellung. Facebook wehrt sich – und geht wohl vor Gericht.
Was genau hat das Bundeskartellamt entschieden?
Das Kartellamt verbietet Facebook nicht, Daten zu sammeln. Internetnutzer müssen Facebook jedoch ausdrücklich erlauben, persönlichen Nutzungsdaten aus unterschiedlichen Diensten und Webseiten zusammenzuführen. Das gilt auch für Tochterunternehmen wie Whatsapp und Instagram. Geben Nutzer eine solche Erlaubnis nicht ab, müssen sie nach dem Willen der Wettbewerbshüter die Dienste weiterhin nutzen dürfen.
Wieso die Auflagen?
Aus Sicht des Kartellamts hat Facebook eine marktbeherrschende Stellung in Deutschland. Diese Dominanz werde mit der Verknüpfung der Daten von externen Webseiten missbraucht. Facebook ist für Nutzer und Werbekunden unersetzlich, argumentiert das Kartellamt. Darunter leide auch der Wettbewerb, weil Konkurrenten gar nicht erst die Chance bekämen, sich zu etablieren. Die Nutzer wiederum könnten nicht auf andere Netzwerke ausweichen, weil es keine Alternative gebe.
Was wird sich verändern?
Zunächst gar nichts, denn das USUnternehmen hat ein Jahr Zeit, die Vorgaben umzusetzen. Außerdem hat Facebook bereits Beschwerde angekündigt. Langwierige Gerichtsverfahren sind zu erwarten. Sollte das Kartellamt sich aber durchsetzen, müsste Facebook jedes Mal um Erlaubnis bitten, wenn es Daten verknüpfen will. Denkbar wäre beispielsweise eine Lösung zum Klicken, wie sie viele Internetseiten bereits für Cookies eingeführt haben. Die Kontrolle der Nutzer über ihre Daten wächst also.
Um welche Daten geht es?
Bei jeder Anmeldung bei einem der Facebook-Dienste hinterlassen Nutzer Namen, Telefonnummern und Ehaltens Mail-Adressen. Außerdem analysiert das Netzwerk jeden „Gefällt mir“-Klick, jedes Foto und jeden Kommentar, den die Nutzer hinterlassen. Schon das erlaubt Facebook, ein ziemlich genaues Profil seiner Nutzer anzulegen. Das Netzwerk weiß etwa, welche Stars und Marken ein Nutzer mag, welchen politischen Parteien er nahe steht und wo er sich aufhält. Dazu kommen die Daten, die Facebook von anderen Webseiten erhält. Wer sich etwa bei anderen Diensten über sein Facebook-Konto einloggt, auf Shopping-Seiten surft, die den „Gefällt mir“-Button eingebunden haben, oder Internetseiten besucht, die mittels der Software „Facebook Analytics“das Verhalten der Nutzer ausleuchtet, der gibt Facebook weitere Informationen über sich preis. So kann der Konzern auch Menschen durchs Netz verfolgen, die gar kein Facebook-Konto haben. Aus der Analyse des Nutzungsver- soll Facebook sogar Informationen wie sexuelle Orientierung, Krankheiten oder die Neigung zu Drogenkonsum ableiten können.
Drohen Nutzern wegen der Vorgaben Einschränkungen?
Weil die Regelungen nur in Deutschland gelten, befürchtet der Digitalverband Bitkom, dass die Bundesrepublik zur „Sonderzone“werden könnte. Die Vorgaben zur Einwilligung durch die Nutzer könnten Dienstleistungen für andere Webseiten wie die Login-Funktion via Facebook oder den „Gefällt mir“-Button unattraktiv machen. Sollte Facebook diese Funktionen in Deutschland abschalten, könnte das dann vor allem kleinere Unternehmen, Verlage und Blogger treffen, die über diese Instrumente im Netz leichter aufzufinden sind und dadurch zusätzliche Reichweite bekommen. Die USDenkfabrik ITIF warnt sogar, deutsche Internetnutzer könnten bei einer zu strengen Regulierung der großen Internetfirmen von künftigen Neuerungen komplett ausgeschlossen werden.
Verkauft Facebook diese Daten?
Nein. Das Geschäftsmodell des Konzerns basiert darauf, eine Plattform für personalisierte Werbung zu sein. Je besser Facebook seine Mitglieder kennt, desto teurer kann es anderen Firmen Anzeigenplatz verkaufen. Dazu sortiert Facebook seine Nutzer in sehr kleinteilige Zielgruppen ein. Mehr als 1300 Merkmale sind bekannt, die Facebook seinen Nutzern zuschreibt. So kann ein Unternehmen etwa angeben, dass seine Anzeigen auf den Bildschirmen alleinlebender Singles in Potsdam erscheinen sollen, die mehr als 3000 Euro verdienen, in den vergangen Monaten Schmuck gekauft und außerdem bald Geburtstag haben.