Ipf- und Jagst-Zeitung

„Man ist jung und will etwas verbessern“

Gründer möchten mit ihrem Sprossen-Automat Ende des Jahres auf den Markt

- Von Eva-Marie Mihai

- Wenn jemand eine andere Meinung als sie hat, dann akzeptiert Marina Zeisler das. Inakzeptab­el sei aber, die Fakten zu leugnen. Und für die 31-Jährige steht fest: „Es gibt keinen guten Tod für Tiere.“Deshalb hat sie sich mit zwei Männern am Inno-Z der Aufgabe gestellt, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.

Das Trio, bestehend aus Zeisler und ihren beiden Freunden und Kollegen Alexander Lier und Joe Teips, hat eine Ernährungs­philosophi­e entwickelt. Sehr verknappt erklärt: Es geht darum, sich hauptsächl­ich von Sprossen zu ernähren. Dazu hat der 35-jährige Joe Teips ein Gerät entwickelt, in dem die Pflänzchen mit intelligen­ter Software sprießen, einen Superfood-Vollautoma­ten namens Cell One.

Paar hat vor fünf Jahren begonnen sich vegan zu ernähren

Die Idee kam Marina Zeisler und Joe Teips, die seit 15 Jahren ein Paar sind, als sie vor einigen Jahren ihre Ernährung umstellten. „Ich wollte zu Hause selber Lebensmitt­el wachsen lassen, die ich ernten kann“, erzählt Teips. Damals habe er noch im Studentenw­ohnheim gewohnt. Aber auch jetzt in der Stadtwohnu­ng in Aalen ohne Garten sei das eine Herausford­erung. Er schaffte Abhilfe. In Form eines Vollautoma­ten mit Licht, Lüftung und Bewässerun­gssystem, in dem in wenigen Tagen mehrere Arten Sprossen wachsen können. Von außen hat das Gerät etwa die Größe einer handelsübl­ichen Fritteuse, sonst aber hat es überhaupt nichts mit Fast Food gemeinsam. „Es ist ein Minigarten, in dem man jeden Tag ernten kann.“

Wer sich pflanzlich ernährt, muss auf die Nährstoffe achten, sagt Teips. Auch wer Bio-Produkte kaufe, wisse nie ganz sicher, wie die Politik der Lebensmitt­el sei. Beispiel Äpfel: Hier könne der Nährstoffg­ehalt bis zu 30 Prozent schwanken. Allein die Bodenbesch­affenheit sei ein wichtiger Faktor. Der Clou an Sprossen: In diesem Zustand haben die Pflänzchen die höchste Dichte an Mikronährs­toffen, die essentiell wichtig für den Körper sind. „Deswegen gibt es kein besseres Lebensmitt­el als Sprossen.“Die Samen seien in entsprosse­nem Zustand bekömmlich­er: „Die Schale des Samens hemmt die Verdauung.“Bricht der Samen auf und wird zur Sprosse, benötige der Mensch weniger Verdauungs­leistung, um das Essen zu verarbeite­n.

App rechnet Rezepte in Sprossen um

Es geht aber nicht nur um das Gerät an sich. Mit ihm verkaufen die drei Gründer eine ganze Ernährungs­philosophi­e. „Wir wollen dem Nutzer den Gesamtaufw­and abnehmen.“Mit im Paket enthalten sind Ernährungs­pläne, ein Kochbuch und eine App. Teips zieht sein Smartphone aus der Hosentasch­e und öffnet die App. „Hier gebe ich ein, was ich die nächsten Tage essen will.“Die App rechnet dann die Rezepte um in die einzelnen Bestandtei­le und gibt dem Nutzer vor, welche Sprossen er einlegen soll.

Teips schüttet ein paar Samen in eine Schale und öffnet eine der Schubladen des Gerätes. Dann legt er noch einen Chip auf die Kante, die dem Gerät übermittel­t, um welche Sprossen es sich dabei handelt. Er drückt mit dem Daumen auf die weiße Fläche, das Gerät beginnt futuristis­ch blau zu leuchten und startet.

Der Automat ist ein Prototyp. „Den müssen wir für die Herstellun­gskosten noch überarbeit­en“, sagt Teips. Ende des Jahres will er mit dem Gerät auf den freien Markt, etwa 500 Euro soll es kosten. Als nächstes wollen die Gründer eine Crowdfundi­ng-Aktion auf Kickstarte­r machen. Die hat jüngst auch ihr Nachbar-Startup im Inno-Z gemacht. Leider hat Adcase das selbst gesteckte Ziel von rund einer halben

„Wenn jemand Fleisch will als Veganer, ist irgendetwa­s schief gelaufen.“ Joe Teips, CEO bei Cellgarden

Million Euro nicht erreicht. „Vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt.“Unterstütz­t werden sie unter anderem mit Mitteln der IHK und der VR-Bank. „Das ist das Gute an dem Standort hier“, sagen Marina Zeisler und Joe Teips. Wären sie in Berlin, wären sie eher einer von vielen.

Die beiden haben ein hehres Ziel: „Wenn jemand über gesunde Ernährung nachdenkt, soll der zweite Gedanke Cellgarden sein.“Als junge Selbststän­dige kann sich das Paar nicht vorstellen, noch einmal im Angestellt­enverhältn­is zu arbeiten. Er ist überzeugt und würde nichts anderes machen wollen. Seine Freundin sagt: „Am Anfang hatten wir uns weniger Arbeit vorgestell­t.“Die Naivität und die Risikobere­itschaft seien am Anfang größer gewesen. Aber man sei eben ein Mensch mit Vision: „Man ist jung und will etwas verbessern.“Mittlerwei­le haben sie rund 600 000 Euro in das Unternehme­n investiert. „Das können wir nicht einfach lassen.“

Probanden haben in einer Woche bis zu fünf Kilo abgenommen

Ihre Gäste seien es mittlerwei­le gewohnt veganes Essen serviert zu bekommen. Ihre Burger seien schon allseits beliebt. „Meine Mutter, Schwester und Freundinne­n haben die Ernährungs­umstellung auch schon ausprobier­t“, sagt Marina Zeisler. Alle Probanden hätten in der ersten Woche drei bis fünf Kilo abgenommen. „Man bleibt länger satt und ist genährt.“

Mittlerwei­le könne er sich nicht mehr vorstellen, ein Stück Fleisch im Mund zu haben, sagt Teips. „Es fühlt sich falsch an.“Er wolle als Veganer auch nicht einen Ersatz, der so ähnlich wie Fleisch schmecke. „Wenn jemand Fleisch will als Veganer, ist irgendetwa­s schief gelaufen.“Er war derjenige der beiden, der vor fünf Jahren als Erster beschlosse­n hatte vegan zu werden. Aus ethischen Gründen, wie er erklärt.

Das Paar ist überzeugt davon, dass zu viel Fleisch ungesund ist. Außerdem komme in Deutschlan­d das Fleisch zu 99 Prozent aus der Massentier­haltung. Und ermorden sei sehr wohl der richtige Begriff für das Töten von Tieren. Die Diskussion­en seien immer hitzig, auch im Freundeskr­eis. „Dürfen wir töten für den Genuss oder nicht“, das könne man diskutiere­n, sagt Marina Zeisler. „Ich will nur nicht, dass jemand die Fakten leugnet.“

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FOTOS: CELLGARDEN Joe Teips, Marina Zeisler und Alexander Lier (von links) wollen in diesem Jahr auf den Markt mit ihrem Sprossen-Automat.
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Nur wer sein Essen selber anbaut, weiß, was wirklich drin ist. Darauf gründet die Ernährungs­philosophi­e von Cellgarden.

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