Hohe Hürde
Transportunternehmen und Versandhändler vereinfachen Zugang zur Ausbildung – Mehr Kandidaten durch Verzicht auf Anschreiben
(dpa) - Ein Bewerbungsanschreiben kann eine starre Aneinanderreihung von Floskeln sein. Es kann aber auch eine Tür in ein Unternehmen öffnen. Die Deutsche Bahn entschied sich vor einiger Zeit dazu, bei Azubi-Stellen das Anschreiben zu streichen, um es Bewerbern einfacher zu machen. Bilanz seither? Mehr Bewerbungen, wie es vom Konzern heißt. Der Deutsche Lehrerverband sieht einen Wegfall des Anschreibens dagegen kritisch. In Deutschland hält sich der Klassiker nach wie vor.
Wenn ein Arbeitgeber um eine aussagekräftige Bewerbung bitte, ohne dies weiter einzuschränken, sei das Anschreiben fester Bestandteil der Bewerbung, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit. Zugleich stelle man fest, „dass viele Unternehmen und Betriebe zunehmend auf eine Bewerbung online setzen“.
Positive Rückmeldung
Die Deutsche Bahn (DB) vereinfachte im Oktober die Bewerbung auf Azubi- und duale Studienplätze. Seither müssen Bewerber kein Anschreiben mehr formulieren – und die Bahn verbucht mehr Zulauf. Zwischen November und Ende Januar gab es rund zehn Prozent mehr Bewerbungen für Ausbildungs- und Studienplätze als im Vorjahreszeitraum, teilte der Konzern mit. „Wir führen den deutlichen Anstieg der Bewerbungen für Ausbildungsund Studienplätze auch auf den Wegfall des Anschreibens zurück. In Informations- und Bewerbungsgesprächen erhalten wir viel positives Feedback von den Kandidaten zu diesem Schritt“, heißt es. „Das Anschreiben ist nicht nur für die Bewerber manchmal mühsam, sondern auch für uns in der Regel wenig aussagefähig“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. Ein Anschreiben enthalte den Erfahrungen zufolge oft keine zusätzlichen Informationen, die nicht im Lebenslauf stehen.
„Und selbst wenn der Text überzeugend geschrieben ist, wissen wir oft nicht, ob Freunde, Eltern oder Google geholfen haben. Der Lebenslauf und vor allem das persönliche Gespräch sind viel besser geeignet, um die Kompetenzen und die Motivation der Bewerber festzustellen“, betont Seiler. So fielen auch Talente auf, die man bei einem klassischen Verfahren vielleicht übersehen hätte.
Ein weiteres Unternehmen, das diesen Weg geht ist der Versandhändler Otto. Bereits seit Sommer 2016 ist ein Anschreiben in der Bewerbung nicht mehr nötig, wie es von der Firma heißt. Stattdessen werden online zwei Motivationsfragen gestellt. „Unsere Recruiting-Experten können aus diesen zwei Antworten mehr Schlüsse ziehen, arbeiten sich schneller durch den Bewerbungsprozess und stellen im ersten Gespräch gezieltere Fragen“, sagt Otto-Personaldirektorin Sabine Josch.