Absturz beim Adler
Drittligist VfR Aalen ärgert sich beim bitteren 0:4 in Münster über den Schiedsrichter
- Über dem gläsernen Eingang bei Preußen Münster prangt ein riesiger schwarzer Adler, an dem Wappen kommt man auch im Innenleben bei dem Traditionsverein aus dem Münsterland nicht vorbei. Selbst der Handtuchspender neben dem Waschbecken ziert der preußische Adler. Man ist stolz bei den Preußen, dem einstigen Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga.
Preußen Münster geht 2019 zweifellos als stolzer Fußball-Drittligist durch. Ob der VfR Aalen in der kommenden Saison noch zum erlauchten Kreis der Drittligisten wie die stolzen Münsteraner zählt, ist seit diesem bitteren Samstag in Westfalen wieder ein Stück weit fraglicher. Vier Mal mussten die Aalener dort ertragen, wie der jahrzehntelange Stadionsprecher Martin „Kerni“Kehrenberg ein „Wir sind Preußen ...“ins Mikrofon brüllte, das „Münster“hallten die Zuschauer im Chor nach. Nach jedem Tor. Der VfR kassierte eine 0:4 (0:1)-Niederlage im Preussenstadion – und die hätte sich so gar nicht zutragen müssen, war am Ende dann aber doch verdient.
„Wir waren verdienter Verlierer, ein bisschen arg hoch“, befand auch VfR-Stürmer Matthias Morys, jener Mann, der eigentlich als Torschütze des 1:1 in die Fußball-Notizen hätte eingehen müssen. Doch bei dieser entscheidenden Szene, nach 24 Minuten, die später noch für jede Menge Gesprächsstoff sorgte, soll er im Abseits gestanden haben. „Zur Schiedsrichterleistung will ich gar nichts sagen“, sprach Morys kurz und schwieg dann doch lieber.
Der Unparteiische Justus Zorn gab den Treffer nicht, obwohl mindestens ein Preuße (Sandrino Braun) das Abseits eigentlich aufhob. „Bitter ist, dass das 1:1 nicht gegeben worden ist“, ärgerte sich VfR-Trainer Rico Schmitt, der das als „Knackpunkt“des Spiels einordnete. So stand es weiter 0:1, das Spiel mündete in einer durchaus vermeidbaren Pleite. Allerdings: Der VfR war nicht der VfR vom hoffnungsvollen Mittwochabend, als Unterhaching mit 4:1 aus dem Stadion geschossen wurde. Die Abstiegskämpfer aus Aalener knüpften nicht an ihre schwungvolle Darbietung an, waren anfangs in Münster nicht im Spiel und „schwerfällig“(Schmitt), hatten jedoch im Laufe der Partie ihre Momente und Chancen, etwa ziemlich aussichtsreich durch Petar Sliskovic kurz nach der Halbzeitpause.
Vermeidbare Tore
Doch der entschlossenere Gegner nutzte die Schwäche des VfR bei ruhenden Bällen in der Defensive aus und erzielte seine Tore zu den richtigen Zeitpunkten – und die waren vermeidbar. Nach einem Eckball geriet Schnellbachers Kopfballabwehr zu kurz (1:0), bei einem Alleingang von Lucas Cueto griffen Kapitän Clemens Schoppenhauer und Sascha Traut nicht konsequent ein (2:0), bei einem Einwurf konnte Traut den Abschluss nicht verhindern (3:0) und bei einer Freistoßflanke (4:0) verlor Torben Rehfeldt ein Kopfballduell. „Das müssen wir uns selbst zuschreiben. Wir haben eine klare Manndeckung, jeder weiß welchen Spieler er zu decken hat und wir kriegen es nicht hin. Dann kannst du kein Spiel gewinnen, das geht einfach nicht“, merkte ein enttäuschter Morys an.
Der VfR bekam das volle Programm: In den vorigen neun Spielen trafen die Preußen nur drei Mal, diesmal brauchte es dazu nur eine zweite Halbzeit, statistisch ihre stärkste. Spätestens nach dem dritten Tor war bei Schmitts Mannschaft im vierten Spiel binnen zwölf Tagen die Luft raus. „Nach dem 0:3 war der Stecker gezogen“, gestand Luca Schnellbacher ein.
Ein 0:4 hört sich hart an – und es war hart. Für das Schlusslicht von der Ostalb ist die höchste Saisonniederlage ein Rückschlag im Abstiegskampf, der Rückstand auf den Nichtabstiegsplatz wuchs nach dem 26. Spieltag von sieben auf acht Punkte an.
Ob der Aalener Tross in der kommenden Saison wieder durch den Preußen-Eingang schreitet, ist fraglich.
Schulze Niehues - Menig, Braun-Schumacher, Kobylanski (75. Rodrigues), Rühle (62. Hoffmann), Kittner, Scherder, Klingenburg, Akono (81. Müller), Heidemann, Cueto. Tore: 1:0 Klingenburg (7.), 2:0, 3:0 Cueto (61., 67.), 4:0 Kittner (80.). Schiedsrichter: Zorn (Freiburg). Zuschauer: 5230.