Lufthohheit über den Schanzentischen
Vor allem wegen der Skispringer und der Kombinierer erlebt der DSV eine so starke WM
(dpa/SID) - Die deutschen Sportler waren nach der Medaillenflut in zwei sonnigen Seefeld-Wochen rundum zufrieden. Die Bilanz von sechsmal Gold und dreimal Silber ließen sie sich auch vom Dopingskandal bei der Nordischen Ski-WM nicht verderben. „Es war sensationell für mich“, sagte Skispringer Markus Eisenbichler – mit dreimal Gold der erfolgreichste Athlet des Deutschen Skiverbandes. Sportdirektorin Karin Orgeldinger bilanzierte: „Wir sind alle sehr glücklich.“Bundestrainer Werner Schuster sprach von einer „grandiosen WM“für seine Springer. Im Medaillenspiegel belegte Deutschland – wie schon zwei Jahre zuvor – hinter den Norwegern Rang zwei. 2017 hatte der DSV zweimal Bronze mehr auf dem Konto.
In einer Saison, in der dies nicht unbedingt zu erwarten war, präsentierten sich vor allem die Flugkünstler und Kombinierer auf den Punkt topfit. Ohne einen einzigen Weltcupsieg war der 27-jährige Eisenbichler nach Seefeld gereist und wurde dort zu einem der prägenden Sportler der WM. Der emotionale Bayer, der seine Siege in Tracht und den letzten mit „ein, zwei, drei Bierchen“feierte, kommt bei den Fans mit seiner Art an. Wenn es läuft, jubelt „Eisei“ausgelassen und brüllt seine Freude heraus, wenn er unzufrieden ist, gibt’s auch einen deftigen Fluch in feinstem Dialekt. Auch Karl Geiger zählt zu den absoluten Gewinnern dieser WM. Der Oberstdorfer ist zwar eher der Typ stiller Arbeiter, aber kaum weniger erfolgreich. Jahrelang war der 26-Jährige das personifizierte Mittelmaß der DSV-Springer. In Tirol gewann er Silber im Einzel sowie Gold mit der Mannschaft und im Mixed.
Das Team mit Geiger, Eisenbichler, Katharina Althaus und Juliane Seyfarth lieferte sich zum Abschluss der Schanzenwettbewerbe ein packendes Duell mit Österreich und jubelte am Ende ausgelassen. Zu Beginn der zweiten Seefeld-Woche hatten sich die Springerinnen bereits zu Weltmeisterinnen bei der WM-Premiere des Frauen-Teamwettkampfes gekrönt. Im Einzel gewann die Oberstdorferin Althaus Silber.
Mitten hinein in die deutschen Erfolge erschütterte die „Operation Aderlass“die WM. Bei einer Dopingrazzia waren am Mittwoch sieben Verdächtige in Seefeld festgenommen worden. Unter ihnen waren zwei österreichische, zwei estnische und ein kasachischer Langläufer. Zudem wurden in Erfurt Sportmediziner Mark Schmidt und ein mutmaßlicher Komplize festgenommen. Einer der österreichischen Läufer war während der Bluttransfusion mit der Nadel im Arm erwischt worden, wie ein öffentlich gewordenes Video dokumentiert.
Frenzel treibt auch das Team an
Die erfolgreichste Athletin der WM hat schon eine Dopingsperre hinter sich. Die Norwegerin Therese Johaug gewann in Seefeld dreimal Gold und einmal Silber. Johaug war zuvor wegen einer Lippencreme, die ein Steroid enthielt, gesperrt; sie verpasste die WM 2017 in Lahti und Olympia in Pyeongchang. Von den zahlreichen norwegischen Fans, die in Seefeld eine große Party zelebrierten, wurde sie ausgelassen gefeiert.
Bei den deutschen Fans war Kombinierer Eric Frenzel einer der meistbejubelten Sportler. „Was Eric wieder geschafft hat, ist unglaublich“, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. „Er war am weitesten weg, jetzt hat er drei Medaillen.“Frenzel hatte die gesamte Saison Probleme gehabt, ließ sogar einen Weltcup aus, um an seinem Sprung zu arbeiten. „Es war hart, was vorher ablief“, beschrieb er die Zeit vor der WM, in der er auch mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. In Innsbruck sprang Frenzel plötzlich stark, in der Seefelder Loipe trat er explosiv auf. Im Einzel und im Teamsprint mit Fabian Rießle gewann er Gold, im Team verhalf der 30 Jahre alte Sachse dem deutschen Quartett mit einer Energieleistung zur schon verloren geglaubten Silbermedaille. Weil Frenzel in Topform war, fielen die schwächeren Leistungen von Johannes Rydzek, vor zwei Jahren noch Vierfach-Weltmeister, nicht so ins Gewicht.
Obwohl es keine Medaillen gab, bezeichnete Peter Schlickenrieder die Bilanz der Loipen-Spezialisten als „sehr gut“. Vor allem Platz vier in der Frauenstaffel und die Leistungen von Victoria Carl stellten den LanglaufBundestrainer zufrieden. Carl überzeugte als Fünfte im Sprint und als Neunte im 30-Kilometer-Rennen. 2021 sollen bei der Heim-WM in Oberstdorf dann Medaillen her.
Und nicht nur das. Als Seefeld am Sonntag auch offiziell den Staffelstab an Oberstdorf übergab, sagte Franz Steinle, der Präsident des Deutschen Skiverbandes: „Wir freuen uns ungeheuerlich auf die WM 2021. Die Messlatte liegt jetzt hoch. Wir werden versuchen, diese Vorgabe zu erfüllen, in allen Disziplinen.“