Aufregung um AKKs Antwort an Macron
Kramp-Karrenbauers Ideen für Europa stoßen bei SPD und Opposition auf wenig Gegenliebe
Annegret Kramp-Karrenbauers Pläne für Europa haben parteiübergreifend für Kritik gesorgt. In einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Welt am Sonntag“erteilte die CDU-Chefin mehreren Forderungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Absage. „Dem Ziel eines handlungsfähigen Europas wird kein europäischer Superstaat gerecht“, sagte sie. KrampKarrenbauer lehnte eine „Vergemeinschaftung von Schulden, eine Europäisierung der Sozialsysteme und des Mindestlohns“ab. Macron ist jüngst mit eigenen Plänen für eine tiefere europäische Integration an die Öffentlichkeit gegangen.
Der Koalitionspartner SPD reagiert enttäuscht. „Echter Fortschritt für ein starkes und gerechteres Europa sieht anders aus“, sagte der Fraktionsvize Achim Post. Auch Außenminister Heiko Maas wünscht sich „etwas mehr Mut bei dieser Debatte“. Der Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, kritisierte die Forderung Kramp-Karrenbauers, die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regierungen und der Entscheidungsfindung auf EU-Ebene als gleichberechtigt anzusehen. Ein Europa der zwei Geschwindigkeiten wäre ein „Traditionsbruch, der Europa auf Dauer schwächen kann“, kritisierte Giegold.
Aufmerksam registriert wurde zudem, dass Kramp-Karrenbauer und nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel auf Macrons Vorschläge antwortete. Der Gastbeitrag befeuert weiter die Spekulationen um einen vorzeitigen Machtwechsel. Die FDPSpitzenkandidatin für die Europawahl, Nicola Beer, fand den Vorgang „bemerkenswert“. Sie fragte, ob Merkel mit ihrer Kanzlerschaft schon abgeschlossen habe. Schon in den Tagen zuvor hatten SPD-Politiker offen darüber spekuliert, ob Merkel während der Legislaturperiode an Kramp-Karrenbauer abgeben würde und schlossen eine Wahl der CDUChefin zur Kanzlerin aus.
Bei den Christdemokraten sorgte dies für Verärgerung. Baden-Württembergs Innenminister und CDUVize Thomas Strobl riet der SPD in dem Zusammenhang am Sonntag, „von ihrer Spekulationswolke herunterzusteigen und einfach mal zu arbeiten“.
(dpa) - Spekulationen über einen vorzeitigen Wechsel im Kanzleramt haben einen heftigen Streit in der Großen Koalition ausgelöst. Mehrere Ministerpräsidenten der CDU warfen der SPD vor, eine sinnlose Debatte zu befeuern. Die Frage nach einem vorzeitigen Rückzug von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stelle sich nicht. Das Verhalten führender Sozialdemokraten sei „unverständlich, unverantwortlich und koalitionsschädigend“, sagte der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) der Funke-Mediengruppe.
Die Diskussion war am Freitag von SPD-Politikern ausgelöst worden. Sie hatten mit dem Ende der Koalition gedroht, falls die Union versuchen sollte, Merkel vor dem Ende der Wahlperiode durch CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer zu ersetzen. Die Werte-Union, eine besonders konservative Gruppe von Unionspolitikern, plädierte hingegen für einen baldigen Wechsel im Kanzleramt. Dies wünschten sich viele Mitglieder der CDU, sagte der Vorsitzende Alexander Mitsch.
Hans kritisierte, man habe mehr und mehr den Eindruck, dass sich die SPD als Regierungspartner auf die Zeit der Opposition vorbereite. „Anders ist die vom Zaun gebrochene Diskussion und der angedrohte Amoklauf einiger Sozialdemokraten im Bund nicht zu verstehen.“Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte „Ich kenne in Union und SPD niemanden, der über so ein Szenario ernsthaft nachdenkt.“Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sprach von einer „überflüssigen Diskussion“.
Differenzen zwischen Union und SPD zeigen sich auch in der Europapolitik. So reagierten führende SPDPolitiker am Sonntag enttäuscht auf das Konzept, das Kramp-Karrenbauer den jüngsten Reformvorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für die Europäische Union entgegensetzen will. „Wir wünschen uns etwas mehr Mut bei dieser Debatte“, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD).
Kramp-Karrenbauer veröffentlichte ihre Ideensammlung in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“unter dem Titel „Europa richtig machen“. Macrons Vorstoß für einen EU-weiten Mindestlohn erteilt sie darin eine klare Absage. Auf seinen Vorschlag, europäische Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen zu bevorzugen, geht sie nicht ein. Stattdessen will sie Steuerschlupflöcher in Europa schließen und betont: „Dem Ziel eines handlungsfähigen Europas wird kein europäischer Superstaat gerecht.“
SPD-Chefin Andrea Nahles betonte dagegen: „Die europapolitischen Vorschläge von Macron sind aus unserer Sicht begrüßenswert.“SPD-Fraktionsvize Achim Post erklärte: „Frau Kramp-Karrenbauers Antwort auf Präsident Macron ist in vielen Punkten schlicht und einfach eine Absage.“Die CDU-Vorsitzende lasse jeden sozialen Gestaltungsanspruch für Europa vermissen.
Macron hatte vor wenigen Tagen in einem leidenschaftlichen Appell große Reformen für die EU gefordert. Er schlug eine europäische Asylbehörde sowie eine „europäische Klimabank“, die den ökologischen Wandel finanzieren solle, vor.