Nach 161 Tagen zurück an der Sonne
Bayern München stimmt sich mit einem 6:0 über Wolfsburg für Liverpool ein
- Das Selbstverständnis beim FC Bayern München ist unverrückbar. Egal ob – wie noch vor 13 Spieltagen – mit neun Punkten Rückstand auf den Tabellenführer in der Bundesliga oder nach einigen wackeligen Auftritten: Das „Mia san mia“ist nicht nur ins Trikot eingestickt, sondern fest in der Mentalität verankert. Und so war Präsident Uli Honeß nach dem 6:0 (2:0)-Kantersieg gegen den VfL Wolfsburg, durch das die Münchner nach 161 Tagen wieder den BVB in der Tabelle überholt und Platz eins zurückeroberten, „glücklich über den Platz an der Sonne“. Diesmal stimmte es sogar wirklich. Der Präsident hatte ja bereits vergangene Woche behauptet, seine Bayern seien „wieder Tabellenführer“; dass ihn das Torverhältnis nicht interessiere, hatte er bereits im Herbst offenbart. Dass Bayern nun wegen ebenjenem Torverhältnis vorne liegt: Geschenkt. Trainer Niko Kovac meinte: „Wir sind da, wo wir hinwollten und wollen da bleiben. Wir haben viel investieren müssen, um den ersten Tabellenplatz zu holen.“
Auch Labbadia lobt Bayern
Gegen den VfL mussten die Bayern dagegen weniger investieren. Nach einer recht ausgeglichenen Anfangsphase brachen die Niedersachsen nach dem Doppelschlag durch Serge Gnabry (34.) und Robert Lewandowski (37.), der sich auch durch sein zweites Tor (85.) mit 197 Treffern zum treffsichersten Ausländer der Bundesligageschichte schoss, komplett ein. James Rodríguez (52.), Thomas Müller (76.) und Joshua Kimmich (82.) sorgten für die restlichen Tore. Viel mehr gibt es über das Spiel eigentlich nicht zu erzählen. Selbst Wolfsburgs Trainer Bruno Labbadia sah eine „sehr sehr starke Mannschaft vom FC Bayern, die auch in der Höhe verdient gewann“.
Allgemein ist wenige Tage vor dem entscheidenden AchtelfinalRückspiel in der Königsklasse gegen den FC Liverpool (Mi., 21 Uhr/Sky) gerade rechtzeitig das Momentum an die Säbener Straße zurückgekehrt. Das Störfeuer durch die Ausbootung von Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller aus dem DFB-Team durch Bundestrainer Joachim Löw wurde einfach weggespielt. Und es setzte eine ordentliche Portion Trotz frei; zumindest Hummels und Müller spielten mehr als ordentlich. Kovac nannte es jedoch einen Zufall, dass die drei im ersten Spiel als Ex-Nationalspieler in der Startelf standen.
Während sich die Club-Granden um Präsident Uli Hoeneß („Zu Jogi Löw werde ich mich nach dem Liverpool-Spiel mal äußern. Ich möchte die Ruhe, die wir uns jetzt hier erarbeitet haben, bis nach dem Spiel erhalten“) zum Thema zurückhielten, zeigte der gebürtige Bösinger (Kreis Rottweil) Joshua Kimmich klare Kante: „Das hat mich schon überrascht, ich kannte die Nationalmannschaft aus meiner Jugend nur mit den Dreien. Sie haben uns zu Weltmeistern gemacht.“Wie die Betreffenden selbst, kritisierte der 24-Jährige, der gegen Wolfsburg einen sehr agilen Rechtsverteidiger gab, in einer bemerkenswerten Offenheit im Stile eines absoluten Führungsspielers vor allem „die Art und Weise“, die „nicht ok“gewesen sei. „Sie hätten einen anderen Abgang verdient gehabt. Ich kann absolut nachvollziehen, dass sie enttäuscht sind“.
Abgesehen davon scheint sich die gesamte Bayern-Mannschaft aber rechtzeitig zum Auftakt der wichtigsten Saisonphase gefangen zu haben. Die Leichtigkeit im Spiel, die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor, all das ist nun zurück. „Das sieht wieder nach dem FC Bayern aus, wir haben aus den Fehlern der Hinrunde gelernt“, sagte Kimmich, der Mittwoch gegen Liverpool aber aufgrund einer gelben Karte zuschauen muss. „Jeden Tag, den das Spiel näherkommt, ärgert es mich mehr“, sagt er. Ihn vertritt wohl Rafinha. Eine Marschrichtung für seine Mannschaft, die ebenfalls auf den gesperrten Müller verzichten muss, hat er dennoch: „Ich erwarte uns etwas mutiger als in Liverpool.“