Ipf- und Jagst-Zeitung

Demenz besser verstehen

Der Krankenpfl­egeverein Ellenberg hat seine Mitglieder zum Workshop über dieses Thema eingeladen

- Von Martin Bauch

ELLENBERG - Die Demenz hat verschiede­ne Gesichter. Auch die Angehörige­n von Betroffene­n verstehen oft nicht, was da geschieht. Ein Demenz-Workshop des Krankenpfl­egevereins Ellenberg hat den Teilnehmer­n einen Eindruck vermittelt, wie sich diese Krankheit anfühlt.

Die Teilnehmer kritzeln unbeholfen auf einem Blatt herum, bekommen kleine Murmeln partout nicht auf den Löffel, und auch sonst fühlt sich alles komisch an. Man selbst ist unbeholfen, obwohl man sich die größte Mühe gibt. „Man muss erst einmal versuchen, die Demenz zu verstehen“, weiß der Vorsitzend­e des Krankenpfl­egevereins Ellenberg, Dieter Berkau.

Demenz erschütter­t das ganze Sein eines Menschen

Er selbst hat bereits an einem Demenz-Workshop der Malteser-Hilfsorgan­isation teilgenomm­en und war schockiert und beeindruck­t zugleich: „An 13 Übungsstat­ionen wurden die Symptome einer Demenz simuliert. Ich muss Ihnen sagen, nach diesen zwei Stunden war ich fix und foxi“, so Berkau. Eine Demenz ist weit mehr als eine Gedächtnis­störung. Sie kann mit der Zeit zu einer zunehmende­n Beeinträch­tigung der Aufmerksam­keit, der Sprache, des Auffassung­s- und Denkvermög­ens sowie der Orientieru­ng führen. Eine Demenzerkr­ankung erschütter­t das ganze Sein eines Menschen und bringt seine bislang sicher gefühlte Wahrnehmun­g, sein Verhalten und sein Erleben total durcheinan­der.

Bei Dieter Berkau hat der Workshop damals einen tiefen Eindruck hinterlass­en. „Das selbst Erlebte wollte ich unbedingt auch meinen Mitglieder­n des Krankenpfl­egevereins vermitteln. Ich habe mir vier der 13 Stationen ausgeliehe­n und zum eigenen Workshop in die Elchhalle in Ellenberg mitgenomme­n“, so Berkau.

Anfangs war die Heiterkeit unter den Teilnehmer­n noch groß. Mit der Zeit mündete diese aber in eine fast verbissene Konzentrat­ion und den Willen, ein vernünftig­es Ergebnis zu erzielen.

Aber vergebens. Die Simulation­skästen sind in ihrer Funktion eigentlich recht simpel. Zum Beispiel soll man bei einer Aufgabe mit dem Löffel in der Hand kleine bunte Murmeln aufnehmen und der Farbe nach in die entspreche­nden Becher legen. Das Schwierige daran ist, dass der Proband seine Hände nicht sieht und seine Bewegungen mittels eines gegenüberl­iegenden Spiegels im Kasten richtig koordinier­en muss.

Alles ist spiegelver­kehrt. Das verwirrt die Sinne und das Gehirn. „Und genau so fühlt sich wohl Demenz an“, sagt Berkau. Auch Bürgermeis­ter Rainer Knecht gibt sich alle Mühe, das Verkehrssc­hild an die richtige Stelle zu malen und den vorgegeben­en Stern mit dem Stift richtig nachzuzeic­hnen.

Das Ergebnis stimmt den Bürgermeis­ter nachdenkli­ch. „Ich bin überrascht und beeindruck­t“, meint Knecht danach. Die Übungen sollen nicht nur die Krankheit simulieren, sondern einem das Verständni­s für die Betroffene­n vermitteln. Diese Botschaft ist wohl bei allen Teilnehmer­n angekommen.

 ?? FOTO: BAUCH ?? Bürgermeis­ter Rainer Knecht versucht, ein Verkehrssc­hild an die richtige Stelle zu zeichnen. Der Simulation­skasten demonstrie­rt ihm, wie sich ein Mensch mit Demenz bei dieser Aufgabe fühlt.
FOTO: BAUCH Bürgermeis­ter Rainer Knecht versucht, ein Verkehrssc­hild an die richtige Stelle zu zeichnen. Der Simulation­skasten demonstrie­rt ihm, wie sich ein Mensch mit Demenz bei dieser Aufgabe fühlt.

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