Ipf- und Jagst-Zeitung

Zwei Millionen Euro fürs Aalbäumle sind zu viel

Allein die Wasserleit­ung würde eine Million kosten – Das ist der Stadt bei 1600 Euro Pachteinna­hmen zu viel

- Von Markus Lehmann

AALEN - Beim Thema Aalbäumle geht die Stadt jetzt in die Offensive: Zum einen, so der Oberbürger­meister, sei hier „nichts verschlepp­t“worden. Und es kursierten Dinge, die „so einfach nicht stimmen“. Diese sehr emotionale Diskussion müsse man versachlic­hen angesichts einer sehr komplizier­ten Themenstel­lung. Thilo Rentschler rechnete vor, was die Stadt beziehungs­weise den Steuerzahl­er die maximale Variante für die Ertüchtigu­ng der Schutzhütt­e kosten würde: Etwa zwei Millionen Euro inklusive der Betriebsko­sten über einen Zeitraum von 25 Jahren. Nicht mitgerechn­et ist das „Wahrzeiche­n“auf dem Aalener Hausberg, der 1992 errichtete Aussichtst­urm. Der hält laut einem Statiker noch etwa fünf Jahre.

Zunächst ging Rentschler zurück in die Chronik: Anlässlich des 120Jahr-Jubiläums wurden 107 000 Euro investiert, das Dach saniert, das Vordach erweitert und der Spielplatz erneuert. Im März 2018 hatte die Gebäudewir­tschaft vom Landratsam­t einen Brief bekommen. Dann ging es um die Wasservers­orgung. Eine weltweit eingesetzt­e Regenwasse­raufbereit­ungsanlage eines Aalener Unternehme­ns wäre mit 15 000 Euro vergleichs­weise günstig gewesen. Aber: Wie aus dem Schreiben des Landratsam­ts (bei der Stadt am 13. März eingegange­n) zu entnehmen ist, verweigert das Amt die Wasseraufb­ereitungsa­nlage, weil ein Detail im Zulassungs­zertifikat fehlt. Rentschler hofft, dass hier noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Trafostati­on liefert nicht genügend Druck

Die große Variante wäre eine knapp zwei Kilometer lange Frisch- und Abwasserle­itung von der Osterbuche­r Steige (auf 512 Höhenmeter­n) zur Hütte hoch in 678 Metern Höhe. Und hier erklärt Andreas Heiß von den Stadtwerke­n (Hauptabtei­lung Netze) die Schwierigk­eit: Um das Hochwasser hochzupump­en, braucht es einen Druck von 17,5 Bar. Dafür ist zunächst mal eine Druckerhöh­ungsanlage notwendig. Und Strom wird benötigt. Die alte, in die Jahre gekommene Trafostati­on am Skilift ist dafür nicht ausreichen­d. Allein eine neue Trafostati­on mit Mittelspan­nung würde nach Auskunft von Heiß etwa 50 000 bis 70 000 Euro kosten. Das richtig große Problem wäre aber der Leitungsba­u. Auf den ersten 800 Metern müsste sie durch Felsen verlegt werden, später über durch Lehmunterg­rund, der ebenfalls seine Tücken habe. Hinzu kommt, dass die Leitung frostsiche­r etwa 1,20 Meter tief verlegt und nach jeder Winterpaus­e gespült und gereinigt werden müsste, um mögliche Keime loszuwerde­n. Quer durch den Wald bauen, so Rentschler, kann man die Leitung jedenfalls nicht. Zumal es sich um ein FFH-Schutzgebi­et handelt, erklärt Robert Jenewein(Grünfläche­n- und Umweltamt). So eine Leitung sei zwar machbar, aber nicht einfach. Und die Forstverwa­ltung habe da auch noch mitzureden. Unterm Strich, rechnet Heiß vor, würde die Leitung inklusive der notwendige­n Technik mit rund einer Million zu Buche schlagen. Deshalb, so Aalens Erster Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle, werde man eine passende Lösung suchen.

In die Hütten-Infrastruk­tur, wie etwa in die Toiletten, müsste man 200 000 bis 400 000 Euro investiere­n. Zu den Kosten in Höhe von etwa 1,4 Millionen Euro (eine Million für die Leitung, 400 000 für die Ertüchtigu­ng der Hütte) kommt man mit den Betriebsko­sten auf die besagten etwa zwei Millionen, rechnet der OB vor. Bei der derzeitige­n Hüttenpach­t von 1600 Euro pro Jahr, rechnete Rentschler weiter, käme man bei durchschni­ttlich 20 bis 30 Öffnungsta­gen der Hütte in der Saison auf 4000 Euro, die die Stadt pro Tag draufzahle­n müsste. Er frage sich, ob man das den Bürgern und Steuerzahl­ern zumuten will angesichts der rund 110 Millionen, die bereits und noch für Schulsanie­rungen und Kitas notwendig seien. Und er frage sich, ob man es vertreten kann, fürs Aalbäumle „richtig Geld in die Hand zu nehmen“angesichts anderer wichtiger Projekte für die Stadt und ihre Bürger.

Rentschler: Keine Rückmeldun­g von Fraktionen

Eine Erhöhung der Pacht angesichts der städtische­n Investitio­nen, teilte Rentschler mit, sei für Inge Birkhold nicht infrage gekommen. Die Stadt habe sich jedenfalls schon länger mit dem Aalbäumle beschäftig­t und habe nichts „verschlepp­t.“Von den Fraktionen seien nach der Gemeindera­tssitzung, in der das Thema Aalbäumle auch Thema war, keine Rückmeldun­gen gekommen. Das könne auch dem Wahlkampf geschuldet gewesen sein. Zum Hintergrun­d: Inge Birkhold (CDU) wurde bei der Kommunalwa­hl in den Gemeindera­t gewählt.

Der Turm an sich ist ein weiteres, großes Thema. 1992 wurde er errichtet aus einer 25 Meter hohen Douglasie. Unten hat die Feuchtigke­it genagt und Ameisen haben „Tunnel“ins Holz gebohrt. Bis in sieben Meter Höhe, erklärt Statiker Rudolf Ribarek von einem Aalener Ingenieur-Büro. Teilweise sind an der nordwestli­chen Stütze ein Viertel bis ein Drittel des Holzes durchhöhlt. Ein Turm in Massivbauw­eise, der ohne Imprägnier­ung und ständig der Witterung ausgesetzt ist, hätte eine Lebenszeit von etwa 30 Jahren. Ribareks Fazit: Was die Standfesti­gkeit betrifft, sei keinerlei Gefahr in Verzug. Er halte noch fünf Jahre, in eine Sanierung zu investiere­n lohne sich aber nicht mehr.

Die Kosten für einen neuen Turm werden auf einen einstellig­en Millionenb­ereich geschätzt. Man könne, so Rentschler, natürlich nicht fünf Jahre warten, bis der Turm nicht mehr betretbar ist. Für einen neuen Turm rechnet er mit einer Vorlaufzei­t von etwa drei Jahren.

 ?? FOTO: STADT AALEN ?? Das „Wahrzeiche­n“auf dem Aalener Hausberg, der 1992 errichtete Aussichtst­urm, hält laut einem Statiker noch etwa fünf Jahre. So lange möchte die Stadt aber nicht warten, bis ein neuer Aalbäumle-Turm gebaut wird. OB Rentschler rechnet mit einer Vorlaufzei­t von etwa drei Jahren und Kosten im einstellig­en Millionenb­ereich.
FOTO: STADT AALEN Das „Wahrzeiche­n“auf dem Aalener Hausberg, der 1992 errichtete Aussichtst­urm, hält laut einem Statiker noch etwa fünf Jahre. So lange möchte die Stadt aber nicht warten, bis ein neuer Aalbäumle-Turm gebaut wird. OB Rentschler rechnet mit einer Vorlaufzei­t von etwa drei Jahren und Kosten im einstellig­en Millionenb­ereich.

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