Schon wieder Kandidatenshow
Es gibt kein Vertun: die möglichen Kanzlerkandidaten der Union sind beim Deutschlandtag der Jungen Union zum Wettkampf gestartet. Jens Spahn, Armin Laschet – und wieder einmal Friedrich Merz. Der 63-Jährige begeistert die Jugendorganisation, er war auch schon im letzten Dezember beim Parteitag in Hamburg ihr Favorit. Der Unterschied: Diesmal drehte er noch mehr auf und riss mit seiner Rede alle mit, in der er unverhohlen erklärte, er sei dabei, wenn man ihn wolle. Die Junge Union will ihn und plädiert deshalb für eine Kanzlerkandidaten-Urwahl. Dieser Vorschlag wiederum gefällt Markus Söder nicht. Denn dass die CDU-Mitglieder einen Kanzlerkandidaten küren, den dann die CSU nur abnicken soll, ist nicht nach dem Geschmack des CSU-Chefs. Zumal auch dessen Ehrgeiz spürbar ist, obwohl er betont, er habe seinen Traumjob in München bereits gefunden.
Annegret Kramp-Karrenbauer spottete zunächst über den Deutschlandtag der Jungen Union, dass es dort wie bei „Germanys Next Topmodel“zugehe. Doch die Parteichefin wird auch spüren, dass sie selbst zur Zeit nicht in Topform ist. Schlimmer noch, sie ist klar geschwächt. Trotzdem muss Kramp-Karrenbauer nicht fürchten, dass sich die CDUDelegierten beim nächsten Parteitag für eine Urwahl aussprechen. Schließlich können sie bei der SPD gerade studieren, dass monatelange Selbstbeschäftigung auch nicht der Weisheit letzter Schluss ist.
Aber die Parteichefin muss fürchten, dass ihre Beliebtheit weiter sinkt. Der Antrag auf Urwahl war bereits ein klarer Misstrauensantrag gegen sie. Dass sie von der JU ebenfalls freundlich empfangen und auch etwas gefeiert wurde, dürfte an den bevorstehenden Wahlen in Thüringen liegen. Niemand will sich in zwei Wochen sagen lassen, er habe geholfen, die CDU schlecht aussehen zu lassen. Aber überzeugend ist KrampKarrenbauer deshalb nicht. Wenn dies so bleibt, wenn sie es nicht schafft, eigene Ideen zu entwickeln und die Menschen dafür zu begeistern, sollte sie anderen den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur lassen.