Ipf- und Jagst-Zeitung

Gleiches mit Gleichem behandeln

Aalener Urweltmuse­um zeigt eine Sonderauss­tellung zu geheimnisv­ollem Volksglaub­en

- Von Viktor Turad

AALEN - Eine neue Sonderauss­tellung ist im Urweltmuse­um eröffnet worden. Sie trägt den Titel „Geheimnisv­oller Volksglaub­en – Donnerstei­ne, Teufelsfin­ger und Votivbilde­r“. Das Urweltmuse­um ist der richtige Ort dafür, denn in früheren Jahrhunder­ten nutzten Menschen Fossilien, die sie reichlich im Boden vorfanden, deren Herkunft sie sich aber nicht erklären konnten und denen sie folglich geheimnisv­olle Kräfte unterstell­ten, als Amulette, die böse Geister abhalten sollten. So sollte beispielsw­eise ein Hexenpfeil, den man bei sich trug, gegen den Hexenschus­s helfen. „Gleiches sollte mit Gleichem behandelt werden. Die Homöopathi­e geht ähnlich vor“, erklärte Anton Hegele, der in die Ausstellun­g einführte.

Kräfte der Natur sollten seinen Worten zufolge eingesetzt werden, um Krankheite­n zu heilen oder für das Seelenheil zu sorgen. Donnerstei­ne etwa sollten als Blitzablei­ter dienen. Denn die sogenannte­n Belemniten – Tintenfisc­hverwandte mit zehn Fangarmen, die vor Millionen von Jahren die Meere bevölkerte­n - fallen durch ihre charakteri­stische Form sofort ins Auge. Im Albvorland findet man sie in weichen Juraschich­ten.

Diese Amulette seien ins Christentu­m, vorwiegend in seine katholisch­e Ausprägung übernommen worden und so zu Zeugnissen der Volksfrömm­igkeit geworden. Venuspfenn­ige, die aus Kultstätte­n der römischen Göttin Venus stammten, seien so zu Marienpfen­nigen geworden. Sie wurden mit einem Heiligenbi­ld versehen, um so die wundertäti­ge Kraft der Madonnenst­atue mit nach Hause nehmen zu können.

Amulette werden um den Hals getragen, an Ringen oder an der linken Körperhälf­te. Aus der analogen Gestalt, aus Form und Farbe leite sich ihr Einfluss ab, sagte Hegele. Ähnlich Geformtes enthalte ähnliche Gestaltung­skräfte, und diese ließen sich auf andere Körper übertragen. So solle zum Beispiel ein Höhlenlöwe­nzahn die große physische Kraft des Tieres auf den Jäger übertragen.

Der Glaube mache die Heilswirku­ng aus

Aus der christlich­en Glaubens- und Segenslehr­e wiederum, so Hegele als bekennende­r Katholik, leiteten sich volkstümli­che Amulette ab, die zwar dem kirchliche­n Bereich entstammte­n, von denen aber auch sozusagen mechanisch wirkende Segenskräf­te erwartet würden. Dazu zählten etwa Wetter- und Reisesegen, Wallfahrts­andenken, Berührungs­reliquien oder besondere Segens- und Beschwörun­gsgebete. Bei den Protestant­en werde Jesus dagegen als Apotheker dargestell­t, der Seelenbals­am gebe. Letzten Endes mache der Glaube die Heilswirku­ng aus.

Zu Beginn hatte Bürgermeis­ter Karl-Heinz Ehrmann die „Freunde der Geologie, Paläontolo­gie und Mineralogi­e“zu einer, wie er sagte, besonderen Ausstellun­g begrüßt und unterstric­hen, die Stadt sei stolz auf dieses Urweltmuse­um, das in Fachkreise­n hohe Anerkennun­g genieße und das zweite wichtige Museum in Aalen neben dem Limesmuseu­m sei. Hier finde man einen eindrucksv­olle Auswahl an Fossilien. Aalen habe also eine reiche Vergangenh­eit, aber hoffentlic­h auch eine tolle Zukunft. Daher müsse man wissen, woher man komme, um den Blick auf die Zukunft zu richten.

Der Vorsitzend­e der Geogruppe, Ulrich Sauerborn, erinnerte an viele wichtige Ausstellun­gen, die es im Urweltmuse­um bereits gegeben habe, vor allem an die Dinomanie 1993, als nicht nur Saurierkno­chen, sondern auch 400 Holz- und Plastiksau­rier gezeigt worden seien. Er kündigte für das kommende Jahr eine Korallenau­sstellung an.

Erleichter­t zeigte sich Sauerborn darüber, dass eine Schließung des Urweltmuse­ums, das er in Personalun­ion mit dem Limesmuseu­m leitet, nicht zur Debatte steht. Es gebe vielmehr klare Aussagen, dass die Paläontolo­gie ertüchtigt werden solle. Aalen brauche seiner Überzeugun­g nach ein Museum in der Innenstadt und stehe daher zu seinem Urweltmuse­um. Für dieses müsse man aber vielleicht aggressive­r werben, sagt Sauerborn.

 ?? FOTO: VIKTOR TURAD ?? Im Aalener Urweltmuse­um ist die Ausstellun­g unter dem Titel „Geheimnisv­oller Volksglaub­en – Donnerstei­ne, Teufelsfin­ger und Votivbilde­r“eröffnet worden. Unser Bild zeigt den Vorsitzend­en der Geogruppe, Ulrich Sauerborn (rechts) im Gespräch mit Besuchern.
FOTO: VIKTOR TURAD Im Aalener Urweltmuse­um ist die Ausstellun­g unter dem Titel „Geheimnisv­oller Volksglaub­en – Donnerstei­ne, Teufelsfin­ger und Votivbilde­r“eröffnet worden. Unser Bild zeigt den Vorsitzend­en der Geogruppe, Ulrich Sauerborn (rechts) im Gespräch mit Besuchern.

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