Mehr Personal gegen rechts
Seehofer stellt Neuordnung der Sicherheitsbehörden vor
(AFP/epd) - Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die Sicherheitsbehörden besser für den Kampf gegen Rechtsextremismus aufstellen. Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz sollten jeweils 300 zusätzliche Stellen bekommen, die „ganz spezifisch für die Bekämpfung des Rechtsextremismus“gedacht seien, sagte Seehofer am Dienstag in Berlin, wo er seine Pläne vorstellte. Inzwischen gehe die Hälfte der politisch motivierten Körperverletzungen auf Rechtsextremisten zurück.
Die Gefahr durch den Rechtsextremismus müsse sehr ernst genommen werden, sagte Seehofer und räumte zugleich ein, dass dies schon früher hätte geschehen müssen. Es gebe in Deutschland rund 12 000 gewaltbereite Rechtsextremisten. Seehofer gab zudem bekannt, dass sein Ministerium das Verbot weiterer Extremistenorganisationen vorbereite.
G- Für den Kampf gegen Rechtsextremismus baut Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die deutschen Sicherheitsbehörden um. Nach den ersten Gesetzesverschärfungen, etwa im Waffenrecht, sollen die Behörden auch bei der Ermittlungsarbeit besser aufgestellt werden.
Dafür gibt es nun mehrere Ansätze. Zunächst einmal mehr Personal: Der Bundestag hat dem Bundesinnenministerium für die Innere Sicherheit im Haushalt des kommenden Jahres 3150 neue Stellen spendiert. 600 davon werden Bundesverfassungsschutz und Bundeskriminalamt vor allem für den Bereich Rechtsextremismus erhalten. Bei der Vorstellung seiner Pläne am Dienstag in Berlin sprach Seehofer von einer „hässlichen Blutspur vom NSU bis Halle“. Ohne andere Bereiche wie Linksextremismus oder islamistischen Terrorismus zu vernachlässigen, sei der Kampf gegen Rechtsextremismus eine „ganz große Herausforderung für die innere Sicherheit Deutschlands“, unterstrich er.
Bereits die Hälfte aller gezählten politisch motivierten Körperverletzungen gehe auf das Konto der rund 12 700 gewalttätigen Rechtsextremisten. Nur 48 davon werden als Gefährder geführt. Insgesamt geht der Verfassungsschutz nach einem Bericht des „Tagesspiegels“inzwischen von 32 200 Rechtsextremisten für 2019 aus – im Vorjahr waren es noch 24 100.
Grund ist demnach, dass auch die AfDVereinigungen
„Flügel“und „Junge Alternative“mitgezählt werden sollen.
„Es gilt zu überprüfen, welche Personen wir zusätzlich ins Auge fassen müssen“, sagte BKA-Präsident Holger Münch. Zum Vergleich: Bei 26 560 radikalen Islamisten, also etwas mehr als doppelt so vielen Personen, werden gleich 14-mal so viele Gefährder geführt: 688.
BKA-Chef Münch sagte: „Gewalt nimmt zu, Propagandadelikte nehmen zu.“Neben Ausländern und politischen Gegnern stünden auch Mandatsträger und Befürworter einer liberalen Flüchtlingspolitik immer mehr im Fokus. „Bedrohungen im Netz und Gewalttaten schaffen zunehmend ein Klima der Angst, auf das es zu reagieren gilt.“
Netzwerke früher aufdecken
Sein Kollege vom Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, verwies auf eine „gestiegene Dynamik“im rechtsextremen Milieu. Künftig wollen beide Behörden Netzwerke schneller aufdecken und an der Früherkennung arbeiten. Zudem baut das BKA bereits eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität auf. Diese Vorhaben sind laut Münch noch in Vorbereitung oder in Pilotphasen, die noch bis weit ins nächste Jahr dauern werden. Beim Verfassungsschutz will man auch den öffentlichen Dienst stärker auf rechtsextreme Umtriebe ins Visier nehmen. Aus seiner Sicht gebe es „zu viele Einzelfälle, so dass man noch mal näher hinschauen muss“, erklärte Präsident Haldenwang. Seehofer betonte, bei der Bundespolizei habe es von 2012 bis 2019 bei knapp 49 000 Vollzugsbeamten nur 57 straf- und dienstrechtliche Verfahren wegen Rechtsextremismus oder Rassismus gegeben.
Das im Oktober gestartete Hinweistelefon des Verfassungsschutzes zum Rechtsextremismus („RechtsEx“) ist laut Haldenwang zudem ein Erfolg. Es gebe inzwischen eine vierstellige Zahl teils durchaus „wertiger Hinweise“. Zudem sollen sich neue Einheiten und Referate beim Inlandsgeheimdienst um Onlinenetzwerke, die neue Rechte und extremistische Bestrebungen bei Angestellten des öffentlichen Dienstes kümmern. Beim BfV selbst habe es vor einigen Monaten einen Verdachtsfall gegeben, sagte Haldenwang. „Der Mann war am nächsten Tag nicht mehr bei uns im Hause.“
Der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei, Jörg Radek, begrüßte die Pläne als „Ende des Verschiebebahnhofes“bei den Polizeibehörden. Aus der Opposition hingegen kam Skepsis. André Hahn (Linke), kritisierte, Seehofer schieße weit über das Ziel hinaus.