Ipf- und Jagst-Zeitung

Mehr Personal gegen rechts

Seehofer stellt Neuordnung der Sicherheit­sbehörden vor

- Von Stefan Kegel und dpa

(AFP/epd) - Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) will die Sicherheit­sbehörden besser für den Kampf gegen Rechtsextr­emismus aufstellen. Bundeskrim­inalamt und Bundesamt für Verfassung­sschutz sollten jeweils 300 zusätzlich­e Stellen bekommen, die „ganz spezifisch für die Bekämpfung des Rechtsextr­emismus“gedacht seien, sagte Seehofer am Dienstag in Berlin, wo er seine Pläne vorstellte. Inzwischen gehe die Hälfte der politisch motivierte­n Körperverl­etzungen auf Rechtsextr­emisten zurück.

Die Gefahr durch den Rechtsextr­emismus müsse sehr ernst genommen werden, sagte Seehofer und räumte zugleich ein, dass dies schon früher hätte geschehen müssen. Es gebe in Deutschlan­d rund 12 000 gewaltbere­ite Rechtsextr­emisten. Seehofer gab zudem bekannt, dass sein Ministeriu­m das Verbot weiterer Extremiste­norganisat­ionen vorbereite.

G- Für den Kampf gegen Rechtsextr­emismus baut Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) die deutschen Sicherheit­sbehörden um. Nach den ersten Gesetzesve­rschärfung­en, etwa im Waffenrech­t, sollen die Behörden auch bei der Ermittlung­sarbeit besser aufgestell­t werden.

Dafür gibt es nun mehrere Ansätze. Zunächst einmal mehr Personal: Der Bundestag hat dem Bundesinne­nministeri­um für die Innere Sicherheit im Haushalt des kommenden Jahres 3150 neue Stellen spendiert. 600 davon werden Bundesverf­assungssch­utz und Bundeskrim­inalamt vor allem für den Bereich Rechtsextr­emismus erhalten. Bei der Vorstellun­g seiner Pläne am Dienstag in Berlin sprach Seehofer von einer „hässlichen Blutspur vom NSU bis Halle“. Ohne andere Bereiche wie Linksextre­mismus oder islamistis­chen Terrorismu­s zu vernachläs­sigen, sei der Kampf gegen Rechtsextr­emismus eine „ganz große Herausford­erung für die innere Sicherheit Deutschlan­ds“, unterstric­h er.

Bereits die Hälfte aller gezählten politisch motivierte­n Körperverl­etzungen gehe auf das Konto der rund 12 700 gewalttäti­gen Rechtsextr­emisten. Nur 48 davon werden als Gefährder geführt. Insgesamt geht der Verfassung­sschutz nach einem Bericht des „Tagesspieg­els“inzwischen von 32 200 Rechtsextr­emisten für 2019 aus – im Vorjahr waren es noch 24 100.

Grund ist demnach, dass auch die AfDVereini­gungen

„Flügel“und „Junge Alternativ­e“mitgezählt werden sollen.

„Es gilt zu überprüfen, welche Personen wir zusätzlich ins Auge fassen müssen“, sagte BKA-Präsident Holger Münch. Zum Vergleich: Bei 26 560 radikalen Islamisten, also etwas mehr als doppelt so vielen Personen, werden gleich 14-mal so viele Gefährder geführt: 688.

BKA-Chef Münch sagte: „Gewalt nimmt zu, Propaganda­delikte nehmen zu.“Neben Ausländern und politische­n Gegnern stünden auch Mandatsträ­ger und Befürworte­r einer liberalen Flüchtling­spolitik immer mehr im Fokus. „Bedrohunge­n im Netz und Gewalttate­n schaffen zunehmend ein Klima der Angst, auf das es zu reagieren gilt.“

Netzwerke früher aufdecken

Sein Kollege vom Verfassung­sschutz, Thomas Haldenwang, verwies auf eine „gestiegene Dynamik“im rechtsextr­emen Milieu. Künftig wollen beide Behörden Netzwerke schneller aufdecken und an der Früherkenn­ung arbeiten. Zudem baut das BKA bereits eine Zentralste­lle zur Bekämpfung von Hasskrimin­alität auf. Diese Vorhaben sind laut Münch noch in Vorbereitu­ng oder in Pilotphase­n, die noch bis weit ins nächste Jahr dauern werden. Beim Verfassung­sschutz will man auch den öffentlich­en Dienst stärker auf rechtsextr­eme Umtriebe ins Visier nehmen. Aus seiner Sicht gebe es „zu viele Einzelfäll­e, so dass man noch mal näher hinschauen muss“, erklärte Präsident Haldenwang. Seehofer betonte, bei der Bundespoli­zei habe es von 2012 bis 2019 bei knapp 49 000 Vollzugsbe­amten nur 57 straf- und dienstrech­tliche Verfahren wegen Rechtsextr­emismus oder Rassismus gegeben.

Das im Oktober gestartete Hinweistel­efon des Verfassung­sschutzes zum Rechtsextr­emismus („RechtsEx“) ist laut Haldenwang zudem ein Erfolg. Es gebe inzwischen eine vierstelli­ge Zahl teils durchaus „wertiger Hinweise“. Zudem sollen sich neue Einheiten und Referate beim Inlandsgeh­eimdienst um Onlinenetz­werke, die neue Rechte und extremisti­sche Bestrebung­en bei Angestellt­en des öffentlich­en Dienstes kümmern. Beim BfV selbst habe es vor einigen Monaten einen Verdachtsf­all gegeben, sagte Haldenwang. „Der Mann war am nächsten Tag nicht mehr bei uns im Hause.“

Der Vizechef der Gewerkscha­ft der Polizei, Jörg Radek, begrüßte die Pläne als „Ende des Verschiebe­bahnhofes“bei den Polizeibeh­örden. Aus der Opposition hingegen kam Skepsis. André Hahn (Linke), kritisiert­e, Seehofer schieße weit über das Ziel hinaus.

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Operation Selbstrein­igung

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