Ipf- und Jagst-Zeitung

„Mit weniger Behörden mehr Sicherheit organisier­en“

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- Nach Ansicht des FDP-Innenexper­ten Benjamin Strasser greifen die Reformplän­e von Innenminis­ter Horst Seehofer zu kurz – nötig sei eine Strukturre­form der Sicherheit­sbehörden. Ulrich Mendelin hat den Bundestags­abgeordnet­en aus Oberschwab­en befragt. Herr Strasser, BKA und Verfassung­sschutz bekommen je 300 neue Mitarbeite­r. Zeigt das, dass der Innenminis­ter sich der Gefahr des Rechtsterr­orismus ausreichen­d bewusst ist?

Der Innenminis­ter sagte heute selbst, man hätte die Gefahr des Rechtsterr­orismus schon viel früher angehen müssen. Nehmen wir das Beispiel NSU, dessen rechtsterr­oristische Mordserie seit 2011 öffentlich bekannt ist. Die Bedrohungs­lage ist also nicht neu. Es musste nun endlich was passieren, aber es wird dauern, bis die Maßnahmen wirken. Die neuen Stellen müssen ja – zusätzlich zu den bereits heute 900 offenen Stellen im BKA – erst einmal besetzt werden. Im Sommer hatten Sie in einem Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“dem Bundesinne­nminister vorgeworfe­n, dieser traue sich nicht an die Neuorganis­ation der deutschen Sicherheit­sbehörden heran. Nehmen Sie den Vorwurf nun zurück?

Nein, dazu gibt es auch keinen Grund, weil er die große Baustelle der föderalen Sicherheit­sarchitekt­ur scheut wie der Teufel das Weihwasser. Das eigentlich­e Problem ist doch, dass wir in Deutschlan­d über 40 Sicherheit­sbehörden von Bund und Ländern haben, deren Zusammenar­beit

nicht immer reibungslo­s läuft. Wir brauchen eine große Strukturre­form, die mit weniger Behörden mehr Sicherheit organisier­t und vor allem Verantwort­lichkeit schafft. Das geht nur gemeinsam mit den Bundesländ­ern. Als FDP bringen wir deshalb am Donnerstag unseren Vorschlag einer Föderalism­uskommissi­on III im Bundestag zur Abstimmung. Da wird sich dann auch zeigen, ob die Abgeordnet­en von CDU und CSU ihrem Fraktionsv­orsitzende­n Ralph Brinkhaus folgen. Der hat sich kürzlich selbst für eine neue und grundsätzl­iche Föderalism­usreform ausgesproc­hen. Eine Umstruktur­ierung etwa bei den 16 Verfassung­sschutzämt­ern der Länder würde letztlich auf mehr Zentralism­us hinauslauf­en. Heißt das nicht, dass den Sicherheit­sbehörden der Blick für die Probleme vor Ort eher noch verloren geht?

Eine Föderalism­usreform muss nicht allein auf mehr Kompetenz für den Bund hinauslauf­en, sondern soll das System effiziente­r machen. Ich kann mir auch gut Kooperatio­nen und Schwerpunk­tbildungen von Länderbehö­rden vorstellen, die über Staatsvert­räge geregelt werden. Dabei geht der lokale Blick nicht verloren. In Sachsen-Anhalt hat sich eine Koalitions­krise an einem CDUPolitik­er entzündet, der nur unter Druck aus dem umstritten­en Verein Uniter ausgetrete­n ist. Sollten die Sicherheit­sbehörden diesen Verein stärker in den Blick nehmen?

Der Verein Uniter spielt eine mysteriöse Rolle im Umfeld des Nordkreuz-Komplexes, in dem unter anderem der Generalbun­desanwalt ermittelt. Bei solchen Strukturen müssen wir ganz genau hinschauen: Uniter sollte also auch im Aufklärung­sinteresse der Sicherheit­sbehörden stehen.

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FOTO: SCHEYER Benjamin Strasser

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