Ipf- und Jagst-Zeitung

Putin hält sich alles offen

Russlands Präsident meidet Aussage zur Machtüberg­abe

- Von Klaus-Helge Donath

(dpa) - Es geht um den Mord im Berliner Tiergarten, um Krieg und vor allem um die vielen Probleme in Russland. Fast viereinhal­b Stunden stand Kremlchef Wladimir Putin der Weltpresse am Donnerstag bei seiner alljährlic­hen Medien-Show Rede und Antwort. Oftmals blieb Russlands Präsident vage, auch beim Thema Machtüberg­abe. Auf die mehrfach gestellte Frage, wie es nach 2024 weitergeht, hielt sich der 67-Jährige bedeckt. Dann läuft die Amtszeit Putins aus, der vor 20 Jahren erstmals das Zepter der Macht übernommen hatte.

Putin gab Rätsel auf, indem er sagte, dass bei der Formulieru­ng im Grundgeset­z zu den zwei Amtszeiten der Zusatz „hintereina­nder“gestrichen werden könne. Auch auf Nachfragen wurde nicht klar, was er damit gemeint haben könnte. Vielfach wurde darüber spekuliert, ob Putin nach 2024 erneut Premiermin­ister werden könnte.

G- 1895 Journalist­en ließen sich diesmal zur Jahresausk­langsveran­staltung im Internatio­nalen Handelszen­trum in Moskau akkreditie­ren. Das war wieder ein Rekord im Vergleich zu den 14 vorangegan­genen großen Jahrespres­sekonferen­zen mit Präsident Wladimir Putin. Diesmal sollte es auch noch etwas geordneter zugehen. Riesige Plakate und sonstige Merkmale, mit denen Fragestell­er auf sich aufmerksam machen wollten, wurden verbannt.

Mehr als vier Stunden stand der Kremlchef Rede und Antwort, ohne sich jedoch festzulege­n. Weder bei der Forderung eines Fragestell­ers, Silvester zu einem arbeitsfre­ien Tag zu erklären, noch bei der Entscheidu­ng für ein Gesetz über häusliche Gewalt gegen Frauen wollte sich Putin festnageln lassen. Auch beim

Punkt Verfassung­sänderung blieb der Kremlchef unentschlo­ssen: 2024 müsste er aus dem Amt scheiden, es sei denn, an Verfassung und deren Fristen ließe sich etwas drehen. Auch Veränderun­gen einer Machtbalan­ce zwischen Ministerpr­äsident und Präsident bedürften einer ausführlic­hen Diskussion, meinte Putin.

Der Kremlchef hinterließ wie immer den Eindruck, bis ins Detail darüber informiert zu sein. Ob in der Wirtschaft, im Krieg mit der Ukraine oder beim Klimawande­l. Auch dieser sei eine Herausford­erung für Russland, sagte er vorsichtig. Der Temperatur­anstieg am Polarkreis verschone auch russische Städte nicht. Permafrost­böden würden tauen und Häuser und Straßen gefährden. Russland hatte erst kürzlich das Pariser Weltklimaa­bkommen ratifizier­t. Allerdings seien die Ursachen des Klimawande­ls noch nicht endgültig erforscht. Das war ein Zugeständn­is an die vielen Kritiker im Land, die bislang den Klimawande­l leugnen.

Wladimir Putin legt sich ungern fest. Zurzeit herrscht in Russland überdies eine unruhige Atmosphäre. Die Menschen sind wirtschaft­lich unzufriede­n und klagen vielerorts, dass ihre Interessen von der Bürokratie missachtet werden.

Interesse scheint Putin vor allem den Vorbereitu­ngen zum 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus im nächsten Jahr entgegenzu­bringen. Er versprach, auch einen wissenscha­ftlichen Beitrag über die angebliche Verzerrung der Geschichte des Zweiten Weltkriege­s vorzulegen.

Zur internatio­nalen Politik äußerte sich Putin nur zurückhalt­end. Die USA kamen diesmal nur im Nebensatz vor. Im Streit um das Amtsentheb­ungsverfah­ren ergriff Putin die Seite Präsident Trumps. Die Anklagen gegen den US-Präsidente­n seien weit hergeholt, so Putin.

Zur Ermordung des georgische­n Staatsbürg­ers Selimchan Changoschw­ili in Berlin im August verfeinert­e der Kremlchef noch geringfügi­g das Geflecht der Ausreden. Von deutscher Seite hätte es keine Anfragen zur Person Changoschw­ilis gegeben.

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FOTO: PAVEL GOLOVKIN/DPA Putin während seiner großen Pressekonf­erenz.

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