Putin hält sich alles offen
Russlands Präsident meidet Aussage zur Machtübergabe
(dpa) - Es geht um den Mord im Berliner Tiergarten, um Krieg und vor allem um die vielen Probleme in Russland. Fast viereinhalb Stunden stand Kremlchef Wladimir Putin der Weltpresse am Donnerstag bei seiner alljährlichen Medien-Show Rede und Antwort. Oftmals blieb Russlands Präsident vage, auch beim Thema Machtübergabe. Auf die mehrfach gestellte Frage, wie es nach 2024 weitergeht, hielt sich der 67-Jährige bedeckt. Dann läuft die Amtszeit Putins aus, der vor 20 Jahren erstmals das Zepter der Macht übernommen hatte.
Putin gab Rätsel auf, indem er sagte, dass bei der Formulierung im Grundgesetz zu den zwei Amtszeiten der Zusatz „hintereinander“gestrichen werden könne. Auch auf Nachfragen wurde nicht klar, was er damit gemeint haben könnte. Vielfach wurde darüber spekuliert, ob Putin nach 2024 erneut Premierminister werden könnte.
G- 1895 Journalisten ließen sich diesmal zur Jahresausklangsveranstaltung im Internationalen Handelszentrum in Moskau akkreditieren. Das war wieder ein Rekord im Vergleich zu den 14 vorangegangenen großen Jahrespressekonferenzen mit Präsident Wladimir Putin. Diesmal sollte es auch noch etwas geordneter zugehen. Riesige Plakate und sonstige Merkmale, mit denen Fragesteller auf sich aufmerksam machen wollten, wurden verbannt.
Mehr als vier Stunden stand der Kremlchef Rede und Antwort, ohne sich jedoch festzulegen. Weder bei der Forderung eines Fragestellers, Silvester zu einem arbeitsfreien Tag zu erklären, noch bei der Entscheidung für ein Gesetz über häusliche Gewalt gegen Frauen wollte sich Putin festnageln lassen. Auch beim
Punkt Verfassungsänderung blieb der Kremlchef unentschlossen: 2024 müsste er aus dem Amt scheiden, es sei denn, an Verfassung und deren Fristen ließe sich etwas drehen. Auch Veränderungen einer Machtbalance zwischen Ministerpräsident und Präsident bedürften einer ausführlichen Diskussion, meinte Putin.
Der Kremlchef hinterließ wie immer den Eindruck, bis ins Detail darüber informiert zu sein. Ob in der Wirtschaft, im Krieg mit der Ukraine oder beim Klimawandel. Auch dieser sei eine Herausforderung für Russland, sagte er vorsichtig. Der Temperaturanstieg am Polarkreis verschone auch russische Städte nicht. Permafrostböden würden tauen und Häuser und Straßen gefährden. Russland hatte erst kürzlich das Pariser Weltklimaabkommen ratifiziert. Allerdings seien die Ursachen des Klimawandels noch nicht endgültig erforscht. Das war ein Zugeständnis an die vielen Kritiker im Land, die bislang den Klimawandel leugnen.
Wladimir Putin legt sich ungern fest. Zurzeit herrscht in Russland überdies eine unruhige Atmosphäre. Die Menschen sind wirtschaftlich unzufrieden und klagen vielerorts, dass ihre Interessen von der Bürokratie missachtet werden.
Interesse scheint Putin vor allem den Vorbereitungen zum 75. Jahrestag des Sieges über den Faschismus im nächsten Jahr entgegenzubringen. Er versprach, auch einen wissenschaftlichen Beitrag über die angebliche Verzerrung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges vorzulegen.
Zur internationalen Politik äußerte sich Putin nur zurückhaltend. Die USA kamen diesmal nur im Nebensatz vor. Im Streit um das Amtsenthebungsverfahren ergriff Putin die Seite Präsident Trumps. Die Anklagen gegen den US-Präsidenten seien weit hergeholt, so Putin.
Zur Ermordung des georgischen Staatsbürgers Selimchan Changoschwili in Berlin im August verfeinerte der Kremlchef noch geringfügig das Geflecht der Ausreden. Von deutscher Seite hätte es keine Anfragen zur Person Changoschwilis gegeben.