Teppiche sollen Wintersportgebiete retten
Zwei Unternehmen in Sachsen entwickeln die textile Skipiste, die auch ohne Schnee und Frost auskommen soll
TREUEN/CHEMNITZ (dpa) – In einem Labor im Vogtland tüfteln Ingenieure an der Zukunft des Wintersports. Die Experten suchen Lösungen für den befürchteten Schneemangel in den Skigebieten wegen des Klimawandels. Die Firma Vis GmbH in Treuen stellt eigentlich Transportbänder her – nun forschen sie an Gleiteigenschaften, Kältebeständigkeit und Flexibilität einer textilen Unterlage, auf der irgendwann Skifahrer stehen sollen.
Auf die Idee gekommen ist das junge Chemnitzer Startup Mr. Snow, gegründet von drei Absolventen der dortigen Technischen Universität. Vor zehn Jahren begannen die Gründer zu forschen. Inzwischen haben sie unterschiedliche Gleitmatten entwickelt für Langlauf, Abfahrt und Skitraining. Bei dem aktuellen Projekt gemeinsam mit der Vis GmbH geht es um ein neues Langlaufband. „Wir sind mit vielen sächsischen Wintersport-Kommunen im Gespräch. Das Interesse an Lösungen, die vom Schneefall unabhängig sind, ist da“, sagt Jens Reindl, Mitgründer und Geschäftsführer des Startups. Die Kosten, um einen mittelgroßen Skihang mit dem textilen Belag auszustatten, würden laut Reindl bei rund einer halben Million Euro liegen. „Das schreckt viele regionale Kommunen noch ab. Im Moment kommen unsere Kunden aus China, Skandinavien und dem Taunus. Aber auch in unserer Region setzt ein Umdenken ein“, berichtet er.
Laut sächsischem Umweltministerium kommen bei einer laufenden Schneeklimatologiestudie auch die 21 sächsischen Skigebiete auf den Prüfstand. Demnach zeigten die Auswertungen allgemein einen Rückgang der Schneehöhe und der Schneedauer. Jens Reindl sieht die eigenen textilen Skibeläge als Möglichkeit,
Touristen bei Schneearmut in den Wintersportgebieten zu halten – auch ohne Schneekanonen. „Die Energiekosten, Wartungskosten und die Lärmbelästigung fallen bei unserem Produkt weg. Außerdem besteht nicht das Risiko, dass alles wieder wegschmilzt.“
Derrick Schönfelder, Geschäftsführer vom Skiverband Sachsen ist skeptisch. Die textilen Skibeläge seien noch nicht ausreichend entwickelt, um für den Leistungssport interessant zu sein. „Wir favorisieren weiterhin das Training im Schnee, da auch die Wettkämpfe ausschließlich im Schnee stattfinden.“Nur geringfügig würden textile Alternativen bei dem Verband mit seinen 6000 Mitgliedern eingesetzt.
Das sächsische Wirtschaftsministerium hat zwischen 2010 und 2019 die höchsten Fördergelder für Wintersportanlagen ins Vogtland entrichtet. An der Spitze steht Schöneck mit über einer halben Million Euro für Beschneiungsanlagen, gefolgt von Klingenthal mit 330 000 Euro für eine Pistenraupe. Fördergelder, die in Zukunft auch in textile Pisten fließen könnten. Das ist noch Zukunftsmusik. Denn aktuell setzen die Pistenbereiber auf effektivere Schneekanonen.